02.09.2019 12:39
kicker Abpfiff - September 2019
Kolumne im kicker vom 02. September 2019

Digitalisierung ist eine praktische Angelegenheit – aber die jüngsten Ereignisse beim FC Bayern und VfL Bochum zeigen einmal mehr auf: Ohne direkte Kommunikation von Mensch zu Mensch geht es immer noch nicht.
Und das ist gut so. Schließlich geht es in diesem Metier nach wie vor um Menschen. Wie ein Edmund Stoiber wieder mal sein Herzblut eingebracht hat beim Rekordmeister und analog dazu Robin Dutt seinen Bluthochdruck beim Bald-Aufsteiger Bochum, ist lobenswert. Bei beiden Vereinen gab es atmosphärische Unregelmäßigkeiten. Und bei beiden bedurfte es nicht mal eines reinigenden Gewitters, um wieder Harmonie herzustellen. Es reichte ein erfrischender Sommerregen.
Edmund Stoiber tat kund, dass zwischen Aufsichtsratschef Hoeneß und Vorstandschef Rummenigge ein kleiner Dissens vorlag bezüglich des Trainers. Laut Stoiber wollte Hoeneß am Trainer festhalten. Rummenigge hingegen wollte ihn lieber loslassen. Auf den ersten Blick inkompatible Ansichten. Doch ein Polit-Veteran wie Stoiber macht den zweiten Blick vor dem ersten und erkennt: Die beiden Herren ziehen an einem Strang. Rummenigge war lediglich der Ansicht, dass Trainer Kovač sich eingeengt fühlen könnte, wenn er permanent von Hoeneß festgehalten wird. Und nach mehrmaliger Intervention von Stoiber hat Hoeneß seine herzliche Umklammerung beendet, damit Kovač sich wieder auf die Trainerbank setzen kann.
In der Sache ähnlich zielführend ging Robin Dutt vor. Als ein Großmeister des Zwischenmenschlichen hat er erkannt, dass ein 0:3 zur Halbzeit kein guter Zwischenschritt auf dem Weg zum Sieg sein könnte.
Also schlug er in der Pause dem Team vor, das selbstverschuldete Unheil auch selber wieder abzuwenden. Deshalb trat die Elf alle taktischen Vorgaben des Trainers in die Tonne und schaffte souverän den Ausgleich. Das wiederum sorgte bei der Vereinsführung für eine kleine Erleuchtung: Wenn die Marschroute des Trainers für einen hohen Rückstand sorgt, könnte ein Verzicht auf Robin Dutt die Ausgangslage drastisch verbessern. Denn oft ist ein 0:0 zur Halbzeit leichter in einen Sieg zu verwandeln als ein 0:3. Was sollte Dutt daher in der nun reichlichen Freizeit tun? Natürlich einen Taktiklehrgang buchen. Beim VfL Bochum.

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