04.09.2012
kicker Abpfiff - September 2012
Kolumne im kicker vom 03. September 2012

Was zeichnet einen Martínez aus? Zunächst einmal ist er ausgezeichnet.
Und zwar mit 40 Millionen Euro. Doch einen soliden Teil der Ablösesumme steuert er selber bei durch Gehaltverzicht. Daran wird schon mal deutlich: Der Mann will nicht Geld verdienen, sondern arbeiten. Im umgekehrten Fall wäre er logischerweise beim HSV gelandet. Mathematisch erscheint dieser Transfer zunächst als Rätsel.
Denn er wurde als Sechser verpflichtet, trägt aber das Trikot mit der Nummer acht. Auf der Pressekonferenz hat jedoch Trainer Heynckes erklärt, wieso ein Sechser mit der Acht rumlaufen kann: Martínez sei polyvalent. Was auf den ersten Blick wie eine tropische Krankheit klingt, ist in Wahrheit ein echter Segen für den FC Bayern. Ein polyvalenter Spieler ist nämlich quasi die digitale Variante des Allrounders. Als Nummer acht deckt so einer die Aufgaben des Sechsers und des Zehners ab. Kritiker beharren auf der These, dass Bayern mit Schweinsteiger, Gustavo, Tymoshchuk und Kroos doch längst genug Sechser habe. Dabei wird aus lauter Schusseligkeit aber vergessen, dass mindestens drei von diesen vier Sechsern eine Sonderaufgabe haben:
Boateng decken, wenn der Gegner in Ballbesitz ist. Und hauptsächlich natürlich Boateng den Ball abluchsen, wenn Bayern den Ball hat.

Eigentlich ist das eine konsequente Entwicklung im Fußball. Wenn schon die Trikots nur mehr aus Polyester sind und die Sitzschalen im Stadion aus Polyurethan, sollten die Kicker zumindest polyvalent statt semidilettantisch sein. Mit diesem Transfer signalisiert der FC Bayern überdeutlich:
Es müssen wieder Titel her. Dafür soll die Doppelsechs Schweinsteiger/Martínez sorgen. Falls das misslingt, gibt es eins auf die Zwölf vom Sportvorstand. Der heißt neuerdings Matthias Sammer und eckt wunderbar an im Verein, weil er seinen Job ernst nimmt. Vor allem lebt Sammer nicht nur im Hier und Jetzt, sondern hat die seltene Gabe, nach vorne zu blicken. Vor nicht allzu langer Zeit beispielsweise wäre er fast beim HSV gelandet als Sportdirektor. Aber wie heißt es so schön:
Lieber ein Elefant im Porzellanladen als die Taube auf dem Dach. Sammer ahnte wohl, dass es beim HSV ein kleines Zwischentief geben könnte. Und hat insgeheim damit gerechnet, dass der FC Bayern ein neues Zwischenhoch anpeilt.

Weil sich Bilbao so stur gestellt hat und partout kein Geld aus bayerischer Hand annehmen wollte, musste sich der FC Bayern eine ganz gewiefte Form der Geldübergabe ausdenken: Die gesamte Ablösesumme wurde komprimiert auf eine CD gepresst. Und ein Schweizer Bankangestellter hat diese CD dann beim spanischen Fußballverband abgegeben. Wenn es ums Geld geht, ist der FC Bayern einfach polyvalent. Jetzt fehlen nur noch die Polytitel.

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