02.10.2012
kicker Abpfiff - Oktober 2012
Kolumne im kicker vom 02. Oktober 2012

Financial Fair Play ist das Schlagwort der Stunde. Der Grundgedanke dabei hat einen hohen moralischen Anspruch: Wenn ein Verein schon mal kein Geld besitzt, sollte er sich gefälligst bemühen, vernünftig Fußball zu spielen. Und andersrum. Die Bundesliga setzt diesen Grundgedanken beinahe in Perfektion um. Der FC Bayern beispielsweise ist sehr bemüht, dass innerhalb der UEFA die finanzielle Unwucht langsam abgebaut wird. Der Martinez-Transfer ist typisch für die ehrenwerte Haltung. Ganz bewusst holte der Rekordmeister einen Spieler aus der am höchsten verschuldeten Liga Europas zu einem Sonderpreis.
Den Bayern liegt viel am schuldenfreien spanischen Fußball. Man stelle sich nur mal vor, die Spanier kriegen ihre Finanzen nicht in Griff und dürfen deshalb in ein paar Jahren nicht mehr in der Champions League mitmachen! Was ist die Königsklasse wert ohne Barcelona und Real?
Zumal dadurch die Gefahr steigt, dass wieder Chelsea im Finale landet.
Weil Abramovich einfach umsattelt von Gönner auf Sponsor. Da fließen dann locker mal pro Jahr 34 Milliarden für Trikotwerbung. Was tatsächlich auf der Brust steht, ist eigentlich ohnehin egal. Wenn auf der Wolfsburger Brust schon das Wort Golf problemlos erscheinen darf, könnte bei Chelsea analog dazu Cricket oder Minigolf draufstehen. Das ist das Angenehme an der UEFA ist nämlich: Sie knebelt ihre Spitzenvereine nicht, sondern lässt ihnen Luft zum Atmen und zur individuellen Interpretation des Regelwerks.

Profiteur des Fair Play-Gedankens ist derzeit vor allem Eintracht Frankfurt. Es ist noch nicht so lange her, da tobte Trainer Veh halböffentlich, weil er nicht seine Wunschspieler bekam. Weil nämlich sein Chef Bruchhagen der Ansicht ist, lieber kein Geld auszugeben, das man ohnehin nicht hat. Das unterscheidet den Eintracht-Boss grundlegend von Politikern. Die geben Geld vor allem dann gern aus, wenn es ihnen nicht gehört. Denn dadurch geht das Verlustrisiko gegen Null. Was aber ist aktuell die Folge davon, dass bei der Eintracht nur schlecht bezahlte Spieler ihr Werk auf dem Rasen verrichten? Ein Topteam, das Spektakel und Ergebnisse liefert. Das erinnert ein bisschen an die Nachkriegszeiten: Kein Geld, aber gute Stimmung. Also wurde mangels Alternativen eben Fußball gespielt. Eine ähnliche Entwicklung nahm vor einigen Jahren Borussia Dortmund. Aber jetzt ist ein kleiner Knick drin. Warum? Weil natürlich längst viel mehr Geld fließt. Laut Uli Hoeneß lässt Dortmund bei den Gehaltsangaben immer einen Nuller weg, um sich in Understatement zu üben. Doch die Rechnung geht nicht mehr auf. Die Borussen agieren teils hektisch, teils phlegmatisch. Financial Fair Play bedeutet also auch: Kürzt den Spielern die Gehälter, damit sie wieder Spaß am Fußball haben.

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