06.11.2012
kicker Abpfiff - November 2012
Kolumne im kicker vom 05. November 2012

Jetzt ist also das Unvorstellbare eingetreten: Der große FC Bayern hat ein Fußballspiel verloren! Und das auch noch gegen Leverkusen! In der heimischen Allianz Arena! Sehr seltsam. Denn Niederlagen gibt es beim Rekordmeister schon seit Urzeiten nicht mehr. Gut, gefühlt vor 38 Jahren ging mal ein Spiel gegen eine Weltauswahl aus Borisow verloren.
Und kurz nach Erfindung der Glühbirne verlief ein Champions League Finale gegen Chelsea ein bisschen unglücklich. Doch daraus hatte der FC Bayern gelernt und sich konstant verstärkt. In den 60ern kamen Gerd Müller und Franz Beckenbauer, in den 70ern Paul Breitner und Kalle Rummenigge, in den 80ern Sören Lerby und Lothar Matthäus, in den 90ern Mehmet Scholl und Mario Basler, in den Nullerjahren Michael Ballack und Roy Makaay.

Doch leider blieben nicht alle dieser Namen dem Verein als Aktive erhalten. So manch einer sah seine Berufung woanders. Ballack versucht sich derzeit als Rennfahrer bei einer spanischen Straßenrallye. Basler will sämtliche Rekorde von Lothar Matthäus als Kurzzeittrainer brechen. Matthäus drängt es in die Dokumentarfilmbranche. Rummenigge überlässt das Toreschießen Mandzukic und kümmert sich lieber um das Große und Ganze. Da lag eine Heimschlappe förmlich in der Luft. Und doch schlägt wieder mal die Stunde der Verschwörungsfanatiker.
Angeblich wäre das Spiel manipuliert worden. Ausnahmsweise nicht von der Wettmafia. Denn ein Bayer-Sieg in München ist normal so wahrscheinlich wie ein Remis der DFB-Elf nach einer 4:0-Führung. So eine Angelegenheit wäre selbst den abgezocktesten Wettpaten zu heiß, weil zu offensichtlich.

Aber das Zustandekommen der beiden Leverkusener Tore ist ein außerordentliches Mysterium. Der Schnitzer von Lahm vor dem ersten Tor ist schlicht unerklärlich, falls keine Absicht im Spiel gewesen sein soll. Und auch beim zweiten Tor darf Zufall ausgeschlossen werden. Das ist sogar noch kurioser, weil der Leverkusener Angreifer statt ins Tor den Ball zur Eckfahne köpfen wollte. Sein Unterfangen wurde von Boateng jäh zunichte gemacht. Denn Boateng wollte seinen ersten Fehler (zu weit weg vom Gegner) durch einen zweiten Fehler (zu nah am Gegner) ausgleichen. Dabei fabrizierte er einen Kopfball, auf den selbst ein Horst Hrubesch stolz gewesen wäre. Wie man es dreht und wendet: Der FC Bayern scheint ein großes Anliegen daran zu haben, dass die Liga spannend bleibt. Bei 12 Punkten Vorsprung auf Dortmund war die ganze Situation den Münchnern nicht mehr ganz geheuer. Wenn aber in der Liga die Spannung nachlässt, ist auch Lethargie in der Champions League vorprogrammiert. Wer also nicht als Spitzenteam in die Allianz Arena reist, sollte sich auf Merkwürdiges gefasst machen.

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