04.05.2020 13:07
kicker Abpfiff / Mai 2020
Kolumne im Donaukurier vom 04. Mai 2020

Der deutsche Profi-Fußball steht momentan da wie ein verzogener Bengel, der nur an die Geldtöpfe ran will. Bei näherem Hinsehen entpuppt sich das als eine kommunikative Fehlleistung. Was ist das Wichtigste beim Thema Corona? Abstand halten. Gerade da müssten nun DFB und DFL ihre Vorreiterrolle aufzeigen. Denn eigentlich sind diese Institutionen nicht nur vorausschauend, sondern sogar prophetisch unterwegs gewesen. Als hätten sie schon geahnt, dass eine Pandemie nur noch eine Frage der Zeit ist. Beim DFB begannen zum Beispiel erst alle Nachwuchsmannschaften, einen gehörigen Abstand zur Weltspitze aufzubauen. Dass dann auch die A-Elf bei der WM 2018 nachzog, war nur noch die Krönung dieser Entwicklung. Die DFL hingegen kann es sich auf die Fahne schreiben, das gleiche Procedere auf dem Gebiet der Champions League zu vollführen. Seit Jahren heißt es, der Abstand zu den englischen und spanischen Topvereinen würde sich zusehends vergrößern. Der deutsche Fußball mag also taktisch und finanziell den Anschluss verloren haben. Aber dafür ist er dem Rest der Welt prophylaktisch weit voraus.
Zu recht unbekannte Historiker und Hysteriker vertreten sogar die These, dass der pandemiebremsende Weitblick bereits Ende der 70er Einzug gehalten hätte in der Bundesliga. Dank dem progressiven Fußballverständnisses eines Österreichers namens Ernst Happel. Als dieser nämlich beim HSV anheuerte, brachte er eine ungeheuerliche Taktik mit: Weg von der Manndeckung, hin zur Raumdeckung. So vermieden die Hamburger jedweden unnötigen zwischenmenschlichen Kontakt zum Gegenspieler. Damit hielt man sich logischerweise nicht nur Beleidigungen, semantisch und dialektisch ausbaufähige Kommentare sowie blaue Flecken vom Leib. Sondern man sackte national wie international so ziemlich alles ein, was bestechungsfrei erhältlich war. Nicht umsonst war der HSV auch das Ziel von Franz Beckenbauer nach seiner Rückkehr aus den USA. Der Kaiser wollte nur noch Abstand und Ruhe. Und verlegte später seinen Wohnsitz nach Österreich.
Gleiches tat übrigens Ernst Happel nach seiner HSV-Ära. Wer das für einen Zufall hält, hält auch Kekulé für einen Fußballer aus Kamerun.
Und nicht für einen Virologen aus Deutschland.

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