06.05.2014
kicker Abpfiff - Mai 2014
Kolumne im kicker vom 05. Mai 2014

Die ganz große Dominanz übt der FC Bayern derzeit nicht aus in Europa.
Aber als amtierender Clubweltmeister ist der Rekordchampion immer noch topp. Nur dass eben nun jeder weiß, dass die beste Mannschaft der Welt nicht automatisch die beste Mannschaft Europas ist. Wobei gerade deshalb Jogi Löw langsam Zweifel bekommt, ob unter diesen Umständen der Weltmeistertitel eine erstrebenswerte Angelegenheit ist. Jetzt darf allerdings keine Panik aufkommen. Im Gegenteil, man muss die Kirche beziehungsweise das Stadion im Dorf lassen. Real Madrid hat schließlich nicht gewonnen gegen Bayern. Eher hat Bayern gegen Real verloren. Das ist schon etwas anderes. Und genau mit dieser Erkenntnis darf der FC Bayern positiv nach vorne blicken. Lediglich ein paar Kleinigkeiten müssen eben berücksichtigt werden. Es geht schon in der Defensive los. Dante wird immer nervös, wenn Boateng sich just während der 90 Spielminuten eine Auszeit nimmt. Dabei ist so eine Auszeit auch dann ein Gefahrenherd, wenn Dante nicht nervös würde. Je weniger Aktion seitens Boateng feststellbar ist, umso eher neigt Dante zur Hyperaktivität. Bei gegnerischen Angriffen bedeutet das dann: Weil Boateng nicht zum Ball gehen will, springt Dante am Ball vorbei.

Das hat von Außen betrachtet durchaus seinen Reiz. So entsteht nämlich der Eindruck, dass zwei Zeitzonen sich auf engstem Raum getroffen haben. Und dass ein Abwehrspieler (!!!) von Real innerhalb kürzester Zeit zweimal trifft. Der durchschnittliche Fußballfan wundert sich natürlich, warum ein Abwehrmann zur Tormaschine mutieren kann in einem Champions League-Halbfinale. Das liegt daran, dass ihm in der eigenen Abwehr einfach schrecklich langweilig wird gegen den (derzeitigen) FC Bayern. Das wiederum liegt an einem kolossalen Missverständnis zwischen Pep und seinen Spielern. Pep erklärte nämlich schon vor Urzeiten die Meisterschaft für beendet. Da aber die Meisterschaft immer der wichtigste Titel ist an der Säbener Straße, hat die Mannschaft die falschen Schlüsse daraus gezogen und die ganze Saison für beendet erklärt. Und dann stehen Lahm & Co auf einmal im Bernabéu-Stadion und wundern sich, dass da fremdsprachige Spieler ihnen das Leben schwer machen wollen. Da kann man den Hebel nicht mehr umlegen. Wie wenn wer in Frührente gegangen ist und auf einmal jetzt aber Überstunden machen soll. Die wahren Überstunden drohen erst bei der WM in Brasilien. Wie soll das funktionieren, wenn sogar Franz Beckenbauer als neutraler Beobachter das DFB-Pokalfinale vorab schon als verloren abtut?

Dabei sagt die Statistik: Nach einer WM oder EM sind die Bayern-Spieler eher in der Regenerationsphase. Die nächste Dominanzphase naht also. Aber dauert halt noch.

Zurück