07.05.2013
kicker Abpfiff - Mai 2013
Kolumne im kicker vom 06. Mai 2013

Die DFL macht sich schon lange Gedanken darüber, wie die Lücke geschlossen werden könnte bei der Auslandsvermarktung. Denn die spanische und englische Liga sind angeblich der Bundesliga um Lichtjahre voraus. Von Samoa bis Novosibirsk investieren viele Fans ihr halbes Einkommen, um sich via Pay-TV Real Madrid oder Manchester United geben zu können. Da die DFL in dieser Angelegenheit scheinbar nicht übers Denken hinauskommt, nahmen Borussia Dortmund und Bayern München die Sache selber in die Hand. Wenn der gemeine Fan im Ausland nicht von selber auf den Geschmack kommt, muss er es auf die schmerzliche Weise erfahren: Ein deutsches Champions League Finale in England. Und im Halbfinale grandiose Auftritte gegen die Galaktischen aus Madrid und Tiki-Taka-Spezialisten aus Barcelona. Wobei Real gar nicht galaktisch wirkte, sondern eher wie als Astronauten verkleidete Schulbuben beim Kinderfasching. Und wer das uninspirierte Auftreten des FC Barcelona miterlebt hatte, wähnte sich nicht bei den Tiki-Takas, sondern eher bei den tollpatschigen Piraten auf der Insel Taka-Tuka.  

Die Finalkonstellation macht schon mal beide Vereine zu Gewinnern. Die Bayern haben schon in der Liga so ziemlich alle Rekorde pulverisiert und die famose Saison mit einem 7-0 gegen Barça gekrönt. Und Dortmund will die Weltpremiere schaffen: Deutscher Meister auf britischem Boden. Lewandowski hat sich sogar ganz besonders eingestimmt auf das Spiel des Jahrzehnts: Er hat in Madrid ein Wembley-Tor geschossen. Das logischerweise nicht zählte, weil a) der Ball nicht im Tor war, b) der Pole kein Engländer ist und c) es ja nicht gegen Deutschland ging. 

Aber vielleicht sollte man die DFL darauf hinweisen, dass für die Auslandsvermarktung gerade der Abstiegskampf besonders interessant sein könnte. Was sich da im letzten Tabellenfünftel abspielt, ist der wahre Thriller. Rein rechnerisch können alle, die absteigen, in der kommenden Saison in der zweiten Liga spielen. Und um den Relegationsplatz balgen sich auf einmal alle bis auf Fürth. Drum wäre Folgendes nicht nur denkbar, sondern auch ratsam: deutsche Abstiegsduelle sollten ebenso nur noch in Wembley ausgetragen werden wie auch die deutschen CL-Finals. Das wäre umso sinnvoller, weil Deutschland ohnehin in Europa politisch und wirtschaftlich den Ton angibt. Gestandene EU-Nationen wie Frankreich oder Italien fühlen sich erdrückt. Wenn aber ganz Europa sieht, wie sich Hoffenheim, Augsburg und Düsseldorf abmühen, um erstklassig zu bleiben, mag das versöhnlich stimmen. Europa muss begreifen: Auch die Deutschen kriegen nichts geschenkt. Und wenn dann noch Peter Neururer ein Erstligateam übernimmt, wird Europa erkennen: Mourinho ist vielleicht the Special One. Aber Chefcharismatiker Neururer ist mindestens the Special Two.

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