08.05.2012
kicker Abpfiff - Mai 2012
Kolumne im kicker vom 07. Mai 2012

Die Vertragsverlängerung von Arjen Robben wird fast schon wie ein Weltwunder gefeiert. Dabei ist es doch offensichtlich, dass Adressen wie Bayern und Dortmund zu den Hochämtern des Fußballs gehören. Wer sich bei solchen Traumvereinen loyal verhält, kann voll und ganz auf die Treue des Arbeitgebers zählen. Speziell beim FC Bayern gibt es einfach Gesetzmäßigkeiten, nach denen man sogar die Atomuhr stellen könnte. Genau das weiß Robben auch zu schätzen. Wenn er mal verletzt ist, braucht er nur in aller Ruhe regenerieren. Wenn er mal schlecht spielt, kann er es sich auch länger völlig stressfrei auf der Ersatzbank gemütlich machen. Wenn er es mit dem eigensinnigen Spiel übertreibt, kriegt er von anderen Kollegen der Kreativabteilung in den Katakomben eine gescheuert. Der FC Bayern hat eben Stil. Bei Durchschnittsvereinen, die weniger Wert auf Etikette legen, hätte da längst irgendein Grobmotoriker aus dem defensiven Mittelfeld noch auf dem Rasen eine Prügelattacke gestartet. Oder der Trainer würde ihm mit dem Hintern voraus ins Gesicht springen. Aber der FC Bayern ist eben nicht der AC Florenz. Dort musste der Trainer jetzt gehen, weil er mit der verdienten Watschn nicht bis zum Halbzeitpfiff warten wollte. Wer hätte gedacht, dass gestandene Übungsleiter derartige Defizite beim Timing haben könnten? Wie soll so einer dem Team den richtigen Spielrhythmus vermitteln, wenn er bei leicht erhöhtem Adrenalinspiegel selber gleich jegliches Gefühl für Zeit und Raum missen lässt? Bei Heynckes wäre so ein Auftreten undenkbar. Für einen edlen Genossen wie Jupp ist Gewalt generell kein Mittel. Ausnahmegenehmigungen stellt er höchstens mal einem Boateng aus, wenn er bei Eins-zu-Eins-Situationen mit leichter Zeitverzögerung reagiert und dadurch Manuel Neuer in eine missliche Situation zu bringen droht. Aber wenn Boateng seine Zehnerkarte verjubelt hat, darf er auch nur noch dem Gegner hinterherschauen. Da bleibt einzig die Hoffnung, dass Neuer auch dann Elfmeter hält, wenn sie aus näherer Distanz und aus dem Spiel heraus geschossen werden.

Ebenso ist es eine tolle Sache, dass die Dortmunder Stars gerne beim BVB bleiben, weil die Abteilung Attacke Trainer Klopp auf seine Art interpretiert. In Gefahr gerät da höchstens mal ein Linienrichter, aber nie ein Spieler. Diese pazifistische Ader färbt sogar auf Kevin Großkreutz ab. Dessen Vorname könnte zwar eine schwere Kindheit vermuten lassen. Aber die Art und Weise, wie er sich mit Asamoah wieder arrangiert hat, verdient Lob und beweist Charakter. Darum gilt als sicher: Sollte Robben zu oft von Mitspielern getätschelt werden, wechselt er maximal zu Dortmund. Deshalb wird das DFB-Pokalfinale diesmal eventuell ein Schlagabtausch.
Im wahrsten Sinne des Wortes.

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