02.03.2020 13:14
kicker Abpfiff - März 2020
Kolumne im kicker vom 02. März 2020

Ein Stift ist im Volksmund ein Lehrbub. Als solcher trat Hansi Flick seinen Job an beim FC Bayern. Aufgedrängt hat er sich nicht. Im Gegenteil, der Handlungsdruck lag ganz auf Seiten des Rekordmeisters.
Es ist Flicks erste Station bei einem großen Verein. Und es wurde Zeit, dass er endlich mal operative und kreative Verantwortung übernimmt. Denn sonst wäre er auf ewig der Lehrbub geblieben – und der FC Bayern wohl immer noch auf Niko Kovač angewiesen. Vor allem Letzteres wäre rein sportlich gesehen ein relativ sinnfreier Umstand gewesen. Als reine Panikreaktion an der Säbener Straße sollte das Engagement aber nicht verbucht werden. Man beachte eine brisante Randnotiz:
Bis 2014 war Flick Co-Trainer bei Jogi Löw. Seit 2014 geht es mit dem DFB lediglich seitwärts/abwärts. Nach klassischem Dreisatz müsste eine Verpflichtung Flicks mindestens zu einer Seitwärts-Aufwärts-Tendenz führen. Die Fakten sprechen für diese These. Allen voran das Auftreten in der Champions League. Und nur das ist ja eine inflationsresistente Währung für die Vereinsbosse. Und damit wären wir wieder beim Stift: So einen bekam der Bayern-Cheftrainer beim nächtlichen Bankett von seinem Chef Rummenigge überreicht. Sogar eine Gebrauchsanweisung lieferte Kalle mit. Seinen Worten nach könne Flick mit dem Schreibgerät auch Papiere des FC Bayern unterzeichnen. Diese Aussage ist natürlich ein Sprengsatz sonders gleichen. Damit steigt nämlich der Druck im Kessel (oder um im Bild zu bleiben: im Federmäppchen) immens. Für Flick gibt es keine Seitwärts-Option mehr: Er kann entweder im Erfolgsfall einen neuen Vertrag unterschreiben oder im Misserfolgsfall als neuer Zeugwart die Entgegennahme verschwitzter Trainingsleibchen schriftlich quittieren.
Aber Druck scheint Flick nichts auszumachen. Der souveräne Auswärtssieg in Chelsea dient als Beleg. Und so steigt auch der Druck für den FC Bayern, den Trainer langfristig zu binden. Gerade Vereine wie Real oder Barcelona wären froh um einen Trainer, der unter Druck solide Leistung vollbringt. Nach dem Rückspiel gegen Chelsea sollte Rummenigge seinem Coach daher einen Drucker schenken. Und beim Bankett den Vertrag ausdrucken. Den Stift hat der Stift bereits parat.

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