07.03.2019 17:05
kicker Abpfiff - März 2019
Kolumne im kicker vom 04. März 2019

Früher war das Fußballgeschäft eine überschaubare Angelegenheit.
Trainer, die entweder die Mannschaft oder den Tabellenstand nicht im Griff haben, wurden abgelöst durch Trainer, die seit einigen Monaten aus ähnlichen Gründen arbeitslos waren. Ein geschlossenes System, in dem irgendwie jeder über kurz oder lang wieder sinnvolle Beschäftigung fand. Doch irgendwann kippte das System. Statt der üblichen Haudegen holten Vereine lieber jüngere Vertreter. Und schon gab es Leute, die nicht mehr unterkamen. Speziell die Garde der 90er Weltmeister wird sich da verstärkt angesprochen fühlen. Im weitesten Sinne galt die Formel:
Erfolglosigkeit führt eher zu einer Entlassung als unerwarteter Erfolg. Was allerdings derzeit in Wolfsburg passiert, könnte auch Stoff für einen Phantasy-Roman sein. Beim dortigen VfL steht fest, dass Trainer Labbadia nach Beendigung der Saison gehen darf/kann/muss. Wenn er Glück/Pech hat, hinterlässt er einen Europacup-Teilnehmer. Allein die Menge der Schrägstriche deutet auf eine seltsame Gesamtlage hin. Was macht das mit Labbadia? Oft sagt er:
„Wir bleiben sauber.“ Er betont also, dass er bei seinen Hygienestandards keinerlei Abstriche macht. Auf der anderen Seite lässt Manager Schmadtke die Welt wissen, dass die Chemie nicht stimmt.
Das gleiche Duschgel scheinen die beiden Herren also nicht zu benutzen. Sollte eigentlich kein Trennungsgrund sein. Den wahren Grund verrät Schmadtke aber auch: „Ich werde sicher mit ihm keine Kochrezepte austauschen oder einen gemeinsamen Urlaub planen.“ Das ist eine brauchbare Aussage für alle, die sich den Trainerjob in Wolfsburg vorstellen können. Wer seine Kochrezepte ganz subversiv für sich behalten will, kann sich den Job abschminken. Und wer lieber mit seiner Frau statt mit Schmadtke in den Urlaub will, ist beim VfL auch an der falschen Adresse. Was sagt das über die neue Fußballwelt aus?
Der Erfolg steht nicht mehr an erster Stelle. Umso mehr steht das Gemeinschaftserlebnis im Vordergrund. Und zwar auch und vor allem abseits vom Rasen. Oder frei nach Sepp Herberger: Elf Freunde müsst ihr sein – auch wenn ihr nur zu zweit seid. Die Rückkehr der Romantik in die Bundesliga hat also einen Namen: Jörg Schmadtke.

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