02.06.2020 12:27
kicker Abpfiff - Juni 2020
Kolumne im kicker vom 02. Juni 2020

Die Bilanz der Heimmannschaften seit der Wiederaufnahme des Spielbetriebs ist nicht allzu erbaulich. Ist das schon Wettbewerbsverzerrung? Oder ist es nur eine Art Ausgleichmechanismus innerhalb der Liga? Spannung im eigentlichen Sinne heißt ja:
Am 33. Spieltag beträgt der Abstand zwischen Relegationsplatz und Tabellenführer nur drei Punkte. Und bei Anpfiff des letzten Spieltags ist sich jeder Akteur bewusst, dass – je nach Spielausgang - im September sowohl Liverpool als auch Heidenheim mögliche Gegner wären.
Daher sollte sich die DFL jetzt Gedanken machen, wie das Produkt Bundesliga auch nach Öffnung der Zuschauerränge prickelnd bleibt. Eine leicht umsetzbare Option wäre: Nur Fans der Gastmannschaft bekommen Einlass. Das würde dem heimischen Tourismus, der ohnehin schwer gebeutelt ist wegen der Pandemie, enorme Zuwächse verschaffen. Sogar noch mehr Spannung verspricht die Idee, die Dauerkarten an Auswärtige zu übertragen. Eine ganze Saison nur Schalke-Ultras in der Dortmunder Arena – da würden sich sogar Sky-Allergiker das Bundesliga-Abo zulegen. Und erstmals wäre das Treiben auf den Tribünen mindestens so unterhaltsam wie das Spiel an sich. Eine blau-weiße Choreographie für die Gelb-Schwarzen könnte sich nicht unberechtigte Hoffnungen auf den Friedensnobelpreis machen. Diese Auszeichnung geht dieses Jahr eventuell an Lothar Matthäus. Denn dessen Einlassungen nach dem Spitzenspiel BVB-FCB haben viel Ballast genommen von den geschundenen Schultern des Borussia-Trainers Favre. Loddars Konzept war zwar schlicht, aber simpel: Lucien Favre geht, Nico Kovač kommt – und mit ihm auch der Erfolg. Weil Robert Kovač nämlich auch mal beim BVB gespielt hat. Das nennt sich klassischer Dreisatz. Nach dieser Logik wäre der Bruder von Matthäus (falls er einen hat) der ideale Trainer für den FC Bayern. Der wohlmeinende Rat von Matthäus kam in Dortmund bekanntlich nicht gut an. Sinngemäß meinte nämlich Favre: Wenn Loddar schon nicht bis drei zählen kann, sollte er sich auch nicht am Dreisatz versuchen. Somit steigt wieder mal die Zahl der Vereine, die einen Matthäus als Trainer eher nicht holen würden. Die Bundesliga bleibt für ihn also ein Geisterspiel – ob mit oder ohne Zuschauer.

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