29.05.2019 17:39
kicker Abpfiff - Juni 2019
Kolumne im kicker vom 03. Juni 2019

Der Vorwurf wiegt schwer: Der FC Bayern kann nicht mal mehr richtig feiern. Gut, die Meisterfeier auf dem Rathausbalkon erinnerte stimmungsmäßig eher an einen Betriebsausflug von Versicherungsvertretern. Aber immerhin waren viele Spieler anwesend, obwohl es für Meisterfeiern gar keine Auflaufprämie gibt. Und dass die Bayern Meister werden, steht ja nicht nur in der DNA des Vereins, sondern zwischen den Zeilen auch in den Verträgen der Spieler. Die Meisterschaft ist also reine Pflichterfüllung. Da von den Spielern auch noch Ekstase bei der Feier zu erwarten, ist Humbug. Das ist in etwa so logisch wie wenn Mitarbeiter eines Supermarktes die Sektkorken knallen lassen, nur weil sie einen Arbeitstag bewältigt haben. Die Spieler waren nur anwesend, um von der Vereinsführung die Grobrichtung für die nächste Saison zu erfahren. So wurde beispielsweise einem Jérôme Boateng nahegelegt, sich lieber einen neuen Verein zu suchen.
An der Leistung des Verteidigers kann das nicht liegen. Er spielt seit Längerem keine Rolle mehr. Vereinskenner mutmaßen, Boateng mache dem FC Bayern zu viel Konkurrenz in Sachen Merchandising. Von Boateng kann man nämlich mittlerweile so ziemlich alles kaufen, was das Herz begehrt. Vom eigenen Magazin bis hin zu Sonnenbrillen vertickt Boa allerhand Zeug. Das deutet nicht auf eine triste Verabschiedung hin, sondern auf ein Abstecken des eigenen Reviers. Der FCB hat nichts dagegen, wenn Boateng seine Brillen in der nächsten Spielzeit bei Juventus Turin verkauft. Und falls seine Verkaufszeiten nicht 24/7 sind, kann er ja hie und da auch mal Fußball spielen in Italien. Auf jeden Fall sollte Jérôme die Zeit im Ausland nutzen, um sich weiterzuentwickeln. Um dann nach seiner Rückkehr nach München den Fanshop in der Allianz Arena zu leiten.
Bei der Trainerfrage hingegen herrschte kurz Unklarheit. Denn Kovač hatte dem Team gegen Liverpool zu offensichtlich striktes Offensivverbot erteilt. Da fällt es einem Hoeneß oder Rummenigge logischerweise nicht so leicht, dem Trainer eine Jobgarantie bis 2032 auszustellen. Aber Kovač ist intelligent genug, um aus seinen Fehlern zu lernen. Sollte er wieder auf Liverpool treffen, gilt die Devise:
Striktes Defensivverbot.

Zurück