04.06.2013
kicker Abpfiff - Juni 2013
Kolumne im kicker vom 03. Juni 2013

Pünktlich zum DFB-Pokalfinale zeigt der DFB Auflösungstendenzen. Wer es nicht zum Nationalspieler schaffte, wurde eh schon dazu verdonnert, bei der DFB-Strafexpedition in die USA dabei zu sein. Ganz nach dem Motto: „Wer schon nicht genug Qualität mitbringt, der muss dafür gegen Ecuador büßen“. Immerhin konnte Jogi Löw neue Erkenntnisse gewinnen über Spieler, die er eigentlich gar nicht braucht. Die Spieler wiederum können nun ihren Nachbarn erzählen, wie es ist, von einem Original DFB-Masseur die Waden geknetet zu kriegen. So gesehen eine klassische Win-Win-Situation, wenn eben nicht die Lose-Lose-Situation beim DFB selber wäre.  

Zunächst löste Robin Dutt eine Schockwelle aus. Ihm fiel kurzfristig auf, dass eine langfristige Aufgabe beim DFB nicht seine Welt ist. Perspektivisches Denken, Detailarbeit, koordiniertes Arbeiten – das geht einem Dutt auf Dauer auf den Senkel. Da ist es konsequent, wenn er jetzt bei Werder anheuert. Denn all das Langfristige hatte man an der Weser lang genug mit Thomas Schaaf. Jetzt soll mal einer ran, der tendenziell eher sprunghaft bis aktionistisch an die Sache rangeht. Ob Dutt das hinkriegt, ist noch offen. Jedenfalls ist der neue Trainer atmosphärisch sicherlich ein Gewinn. Denn er ist jederzeit in der Lage Euphorie zu entfachen. Unvergessen sein Auftreten als Bayer-Trainer nach der 1:7-Klatsche von Leverkusen gegen Barcelona. Statt sich und seine Mannschaft zu hinterfragen, freute er sich über das Privileg, von Messi & Co vermöbelt werden zu dürfen. Hier zeigt sich also wahrer Sportsgeist. Und der wäre beim DFB nicht mehr angebracht. 

Schließlich deutet jetzt auch noch Oliver Bierhoff seinen Abschied an und lobt pauschal von Hoffenheim bis Sinsheim alle potenziellen Arbeitgeber über den grünen Klee. Das hat er sich auch verdient. In seinen DFB-Jahren hat er so ziemlich alles erlebt. Er war zum Probeliegen in sämtlichenTop-Hotels dieser Welt. Er durfte viele Sponsorenhände schütteln. Er half mit, Matthias Sammers DFB-Zeit zum Minenfeld umzufunktionieren. Wobei Letzteres einem Bierhoff nicht negativ ausgelegt werden darf. Sammer war lange Zeit ein Träumer, der am Horizont schon den WM-Titel zu erblicken glaubte. Es hat gedauert, bis die Einsicht kam, dass der ganz große Erfolg beim FC Bayern viel näher liegt. Zu dieser Einsicht hat ihm auch Bierhoff verholfen. Für den DFB-Obermanager war nämlich immer schon klar: Weltmeister wird eine deutsche Nationalmannschaft so schnell nicht. Die Stärken des DFB liegen eindeutig beim Breitensport und in seiner gesellschaftlichen Verantwortung. Eine alkoholfreie Fanmeile bei einem Frauen-Länderspiel ist da allemal wichtiger als ein Titel, den die Transparenzfetischisten von der FIFA vergeben.

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