07.07.2014
kicker Abpfiff - Juli 2014
Kolumne im kicker vom 07. Juli 2014

Jogi Löw ist zu beneiden. Während andere Trainer auf sich selbst gestellt sind, kann er auf die Schwarmintelligenz der deutschen Öffentlichkeit bauen. Und der Bundestrainer weiß das auch zu schätzen.
Bis zum Achtelfinale hatte er freie Hand. Das Spiel gegen Algerien aber war ein Knackpunkt. Analog zum Werbeslogan des DFB-Autopartners (Breit wie nie) hat die breite Masse eingesehen: Wer so breit ist, muss jetzt in die Tiefe gehen. Innenverteidiger, die bei wichtigen Spielen sogar innen Probleme haben, dürfen einfach nicht als Außenverteidiger verheizt werden. Weil der Bundestrainer ein kluger Mann ist, weiß er auch, dass er nicht alles weiß. Deshalb nahm er ernstgemeinte Ratschläge dankbar entgegen und ließ Taten folgen. Dass Per Mertesacker nicht mehr mitmischen darf, ist übrigens nicht seiner Langsamkeit geschuldet. Nein, Per hat einfach seine wahre Profession gefunden. Und das ist nun mal die Pressearbeit. Als Ein-Mann-Viererkette gegen seltsame Reporterfragen ist er unschlagbar.
Wer nach einem Sieg gegen Algerien nicht das Ergebnis, sondern das Spiel bewerten will, hat wirklich einen Mertesacker als Gesprächspartner verdient.

Die Rückkehr von Lahm auf den Außenverteidigerposten war überfällig.
Aber eben jetzt erst, weil dadurch die Franzosen überrascht waren.
Erstmals gelangen Angriffe über die Flügel. Und über die Flügel kann man eben nicht von der Mitte heraus attackieren. Das ist geometrisch schlicht nicht möglich. Ebenso ist diese WM für Götze unsinnig. Der Bub ist noch nicht mal beim FC Bayern angekommen. Da soll er unter widrigen Umständen (Luftfeuchtigkeit, fremde Sprache, weit weg von daheim) brillieren?

Alles andere als brillant ist übrigens die medizinische Abteilung des DFB. Da wird ein Mats Hummels krank. Und Müller-Wohlfahrt hat keinen Schimmer, wie er Hummels wieder auf die Beine kriegt. Umso weitsichtiger, dass Hummels mit Cathy Fischer eine eigene Therapeutin dabei hat. Dank BWL-Studium verfügt sie über profunde medizinische Kenntnisse. Ihr Rezept für Mats: Sojalatte (nicht zu verwechseln mit Tofupfosten!). Da sie Mats schon seit der Jugend kennt, ist sie sozusagen Diplom-Spielerfrau. Darum darf sie auch öffentlich andere Spielerfrauen bewerten. Über Özils Freundin mutmaßt Cathy zum Beispiel, dass sie super-hübsch sei und auf eigenen Beinen stehe. Was aber jetzt bestimmt nicht heißen soll, dass andere Spielerfrauen auf fremden Beinen stehen. Özil hingegen, der sich gerne M10 nennt, weil das kürzer ist, steht bei dieser WM weitestgehend neben sich. Seinen Stammplatz hat er aber sicher dank 20 Millionen Followern auf Facebook. Dagegen kommt auch Löw nicht an. Sollte Özil so weiterspielen, wird er aber befördert. Aus M10 wird dann M08/15.

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