07.01.2020 17:12
kicker Abpfiff - Januar 2020
Kolumne im kicker vom 07. Januar 2020

Das Jahr 2020 ist da – auch wenn die Bundesliga sich im Tiefschlaf befindet. Aber dafür steht eine Europameisterschaft vor der Tür.
Aufgepasst: Diese EM findet NICHT in Katar statt, sondern variabel zwischen nirgendwo und irgendwo. Wobei Deutschland gefühlt eine Heim-EM erleben wird. Alle deutschen Vorrundenspiele finden auf deutschem Boden statt. Das ist eine Lehre, die die UEFA aus dem deutschen WM-Desaster 2018 gelernt hat: Auf europäischem Geläuf bringt diese sensible Truppe nichts zusammen. In einer Zeit, in der die europäische Einheit fragil bis nicht vorhanden ist, hält sich die deutsche Elf dezent zurück. Europa blickt argwöhnisch auf den DFB, seit der Ex-DFB-Präsident Grindel als Vorauszahlung auf Irgendwas eine Uhr einsackte von einem zwielichtigen ukrainischen Funktionär. Eine deutsche Dominanz ist zudem das Letzte, was Kanzlerin Merkel brauchen kann auf ihrer zähen Abschiedstour.
Außerdem sieht Bundestrainer Löw diese EM lediglich als Auftakt der Vorbereitung zur EM 2024 in Deutschland. Da ist der Titel definitiv das Ziel. Die WM 2022 in Katar wird nämlich eher unter dem Arbeitstitel „Betriebsausflug“ verbucht. Um maximalen Nutzen aus der sinnvollsten WM aller Zeiten zu ziehen, soll parallel zum Turnier das übliche Trainingslager des FC Bayern stattfinden. So kriegen die Nationalspieler aus anderen Bundesligavereinen erstmals die Gelegenheit, abseits der üblichen DFB-Wellness-Oase ein Training auf höchstem Niveau zu erleben. Daher betont Bundes-Jogi bei jeder Gelegenheit, dass seine Elf eigentlich aus nur vier Spielern besteht:
Neuer, Kimmich, Gnabry und hoffentlich noch irgendeiner. Der Rest rekrutiert sich aus Nachwuchs und Lazarett.
Da die Vorrundenpartien in München angesetzt sind, hat sich der FC Bayern aus humanitären Gründen bereit erklärt, den kompletten Bayern-Kader dem Bundestrainer zur Verfügung zu stellen. Damit dürfte der Gruppensieg trotz illustrer Gegner wie Frankreich und Portugal kein Problem sein. Das Achtelfinale für den DFB wäre dann in Bukarest, was auch aus ethischer Sicht ein Idealfall ist. Rumänien ist leider so arm, dass die meisten Uhren, die an Funktionäre verschenkt werden, eher billig sein dürften. Wenn nicht gar Fälschungen.

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