06.02.2012
kicker Abpfiff - Februar 2012
Kolumne im kicker vom 06. Februar 2012

Im Medienzeitalter ist es schnell passiert, dass ein schiefes Bild von einer bekannten Persönlichkeit rumgeistert. Da wird gern mal auf Teufel komm raus irgendwas Halbgares oder Viertelwahres getwittert.
Und schon ist eine Scheinwahrheit installiert. Das geht auf keine Kuhhaut. Und auf die Haut eines Lothar Matthäus natürlich erst recht nicht. Er wurde öfter Weltfußballer als Podolski. Er wurde öfter Weltsportler als Rehhagel. Er hat für Deutschland mehr Länderspiele bestritten als Maradona für Kamerun. Er wurde öfter Weltmeister als Skibbe und Löw zusammen. Er war öfter verheiratet als Podolski, Maradona, Skibbe und Löw zusammen. Und was ist der Dank? Trainerjobs im israelischen Kibbuz und brasilianischen Dschungelcamp. Weil die deutsche Öffentlichkeit dauernd Realität und Wirklichkeit verwechselt. Doch Loddar, der Innenarchitekt der Herzen, wäre nicht Loddar, wenn er sein Schicksal nicht selber aus der Hand geben würde. In dem Fall in die Hände des Nachrichtensenders Vox. Dieser Kanal legt sein Augenmerk bekanntlich auf intellektuell hochwertige Dokumentationen. Ein Aushängeschild ist eine gewisse Frau Katzenberger, die Sinnfreiheit elegant mit dem Sozialverhalten von Spielerfrauen verbindet. Und damit wäre auch schon die Brücke zu Loddar geschlagen. Darum ist es eine weise Entscheidung vom Bundesligatrainer in spe, sich von Vox Tag und Nacht begleiten zu lassen, um den wahren Matthäus zu dokumentieren.
Dieses Format ist wie Big Brother, nur dass eben niemand rausgewählt werden kann. Darauf legt Loddar auch großen Wert. Denn das Rauswählen hat er schon zu oft als Trainer erlebt.
Die DFL sollte daher eine Zusammenarbeit mit Vox anstreben. Sozusagen präventiv. Ist erst mal ein falsches Bild über einen Trainer kommuniziert, reibt man sich auf bei mühseligen Korrekturversuchen. Besonders schlimm wird es, wenn nur ein paar aus dem Zusammenhang gerissene Szenen publik werden. Aktueller Fall: Hertha BSC. Eigentlich ging jeder davon aus, dass der Hauptstadtklub die Liga halten will.
Doch dann wurde Michael Skibbe als Trainer geholt. Skibbe wiederum sagte vor dem HSV-Spiel, er wolle den Hamburgern zeigen, wo der Hammer hängt. Woraufhin der Zeugwart des HSV die Berliner wissen ließ, dass sie keinerlei zusätzliches Werkzeug benötigen würden und deshalb irritiert seien über das Angebot von Skibbe. Nach dem Spiel wurde bekannt, dass Skibbe verdiente Hertha-Spieler angepöbelt haben soll.
Und schon steht der Hertha-Trainer da als asozialer Stinkstiefel.
Dabei ist er eigentlich ein sehr angenehmer Mensch, der lediglich in der falschen Branche gelandet ist. Fazit: Sollte in drei Wochen Loddar als neuer Hertha-Coach präsentiert werden, gebührt Vox der Integrationspreis 2012.

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