02.01.2012

Hinrunden-Rückblick

kicker vom 02. Januar 2012

Bayern:
Heynckes erweist sich als Volltreffer und macht die Bayern wieder zum Schunkelklub. Der nicht endende Höhenflug lässt Uli Hoeneß wieder ruhig schlafen, ohne von van Gaal zu träumen. Robben hebt dermaßen oft ab, dass er schon genug Bonusmeilen bis ins Champions League Finale gesammelt hat. Und Philip Lahm bewies als ambitionierter Hobbyautor, dass man Dinge so formulieren kann, dass man es hinterher gar nicht so gemeint hat. Um die Spitzenposition zu dokumentieren, verliert der FC Bayern prinzipiell nur gegen Mannschaften, die hinter den Bayern positioniert sind.

Dortmund:
Bayern und Schalke zu besiegen ist tendenziell viel wichtiger als vor Barcelona und Real zu landen. Deshalb ist es beachtlich, wie konsequent sich die Borussen in der Champions League schonen, um in der Liga frisch und munter besagte Konkurrenz zu ärgern. Nach der verlängerten Sommerpause (bis zum sechsten Spieltag) ist wieder alles möglich. Bayern und Schalke sind besiegt. Jetzt kann sich Dortmund nur noch selber besiegen. Worauf Klopp aber angeblich keinen Bock hat.

Schalke:
Anhand von Raúl und Huntelaar wird eine sehr weitsichtige Transferpolitik deutlich: Schalke lässt Talente bei Real Madrid reifen und Spielpraxis sammeln, um sie dann günstig und in Bestform zu verpflichten. Das genügt, um Bayern und Dortmund Paroli zu bieten. Der nächste Schritt ist in Planung. Schalke-Boss Tönnies hat schon ein Auge auf Ronaldo und Özil geworden. Falls Özil sich besser benimmt als bei seinem ersten Schalke-Gastspiel.

Mönchengladbach:
Die Borussia hätte es sich einfach machen können. Gemütliches Überwintern auf Rang 18. Klassenerhalt sichern, wenn der Frühling da ist. Das ging auch oft genug gut. Aber irgendwie hat Gladbach Lust auf mehr. Bleibt nur zu hoffen, dass Reus dieses Mehr auch in Gladbach für möglich hält. Und ter Stegen den Ball.

Werder Bremen:
Schaaf und Allofs sind für Understatement bekannt. Naturgemäß neigen sie zum Tiefstapeln, um dann gegen Saisonende hin schlafende Hunde zu wecken. Das beweist die Bilanz von 1-16 Toren gegen die Top Vier der Liga. In der Rückrunde soll aber gezeigt werden, dass schon nach wie vor Tim Wiese im Tor steht und nicht Willi Lemke. Den Rest erledigt Pizarro.

Bayer:
Der Hauptsponsor sponsert den Pillenklub nur noch auf Naturalienbasis. Statt Geld gib es Beruhigungspillen. Und die hat Bayer auch nötig. Team und Trainer sind sich darin einig, sich nie einig sein zu wollen. Dutt will den Stars weismachen, dass sie keine Stars sind. Die Spieler wollen dem Trainer weismachen, dass er keine Ahnung hat. Und bisher hält der Burgfrieden, weil beide recht zu haben scheinen. Aber die Fans haben wieder richtig Spaß und lachen auch mal das eigene Team aus. Das schafft Verbundenheit.

Hannover:
Slomkas Ziel ist klar: Knapp an Bayer und Werder dran zu bleiben. Das kann von Rang fünf bis 15 alles bedeuten. Somit ist Slomkas Posten ein Rundum-Sorglos-Paket. Und so lässt er auch spielen. Und solange Hannovers Aushängeschild Maschmeyer sein Geld lieber in Gerhard Schröder, Veronica Ferres und Christian Wulff investiert statt in H96, wird die nationale Beliebtheit des Vereins mindestens so hoch wie bei Wolfsburg sein.

VfB:
Kein Verein schafft es so flexibel, die Saisonziele der aktuellen Situation anzupassen. Als der VfB unnötig lange Anschluss an die Tabellenspitze hielt, machte sich Nervosität breit. Denn einer Meisterschaft folgt meist eine Durststrecke. Souverän brachte sich das Team mit betont durchschnittlichen Leistungen wieder in ruhigere Gewässer. Netterweise gab es den Persilschein vom Trainer: Labbadia wartete sehnsüchtig auf die von ihm angekündigten Schwankungen. Das Team hat ihn nicht im Stich gelassen.

Hoffenheim:
Der sympathische Traditionsverein hat sein Image als Bonzenklub erfreulich schnell abgelegt. Um nicht anzuecken, igelt man sich in der gesunden Tabellenmitte ein. Positive Schlagzeilen werden anderweitig erzielt. So versucht sich 1899 neuerdings in der Liga Gehör zu verschaffen als innovativster Stadionbeschaller.

Köln:
Um die Harmonie muss man sich bei den Geißböcken keine Sorgen machen. Sogar Hobbypräsident Overath schmiss hin, weil er einsehen musste: Er ist zwar größer und wichtiger als der Kölner Dom. Aber außer ihm selber scheint das niemand im Verein zu begreifen. Das Team hingegen kämpft gegen sich selber. Und Poldi spielt nur noch für sich selber.
Und schon funktioniert es.

Hertha:
Babbel und Preetz verdienten sich eindeutig die Nominierung für den Friedensnobelpreis. Wenn beide ihrer Meinung nach die Wahrheit sagen und diese dennoch unterschiedlich interpretieren, kapiert auch der letzte Nichtphysiker: Alles ist relativ. Wobei Neu-Trainer Skibbe ein Glücksgriff für Preetz ist. Bevor Skibbe mal die Wahrheit sagt, sagt er lieber nichts.

Wolfsburg:
Solange Magath Trainer beim VfL ist, muss sich kein Fußballer, der noch halbwegs gesund und nicht vorbestraft ist, Sorgen um eine Einstellung machen. Es sei denn, es stimmt was mit seiner Einstellung nicht. Siehe Helmes, siehe Lakic. Magaths simple Rechnung: Wenn der Kader 67 Leute umfasst, besteht akute Gefahr, dass elf davon Fußball spielen können.

HSV:
Trainer Oenning gewinnt sieben Prozent der Spiele. Teamchef Arnesen gewinnt als Interimstrainer 100 Prozent der Spiele. Der Koeffizient daraus ergibt logischerweise Thorsten Fink als neuen Trainer. Dessen Philosophie ist eindeutig: Fußball ist ein Spiel, das in der Bundesliga in der Regel unentschieden ausgeht, weil auch der HSV-Aufsichtsrat seit Jahren unentschieden agiert.

Mainz:
Nach dem spektakulären Aus in der EuroLeague gegen einen noch spektakuläreren Gegner besinnt sich Mainz auf die wirklich wichtigen Tugenden: Abstiegskampf pur zwecks der Emotionen. Trainer Tuchel besticht durch interessante Ein-Mann-Choreographien an der Seitenlinie mit Elementen vom Veitstanz und Breakdance. Und natürlich ein Sieg gegen Bayern, damit die Republik nicht vergisst, wie gut Mainz Fußball spielen kann.

Nürnberg:
Immer wieder sensationell, wie der Club elf Mann auf den Platz kriegt.
Kaum ein Spieler hat einen Vertrag direkt vom Verein. Meist handelt es sich um talentierten Nachwuchs, die direkt nach der Schule von der Mama an den Valznerweiher gekarrt werden. Oder es sind hochbegabte Tagelöhner oder junge Leasingrückläufer, die Angst vor Magath haben und deshalb nicht nach Wolfsburg wollen. Vorsicht ist dennoch angebracht. Wer nur 3-0 in Leverkusen gewinnt, darf sich nicht zurücklehnen.

Kaiserslautern:
Wer die letzten acht Spieltage nicht gewinnt und dennoch auf dem Relegationsplatz steht, muss sich um den Klassenerhalt keine Sorgen machen. Entsprechend weiß Klubchef Kuntz: Über Trainer Kurz oder lang wird der Betze die nötigen Siege einfahren. Falls die Abschlussschwäche nur an vorübergehender Unlust liegt und nicht am akuten Unvermögen.

Augsburg:
Wenn der FCA als Neuling nach 17 Spieltagen immer noch in der ersten Liga ist, hat der Aufsteiger wirklich alles richtig gemacht. Nur vier Punkte hinter dem HSV und vierzehn hinter Bremen. Da darf durchaus vom internationalen Geschäft geträumt werden. Dass Manager Rettig aufgrund dieser herausragenden Aussichten demnächst den Verein verlässt, lässt vermuten: Den Stress, den der internationale Wettbewerb mit sich bringt, will er sich nicht antun 2012/13.

Freiburg:
Generell gilt: Wenn der Bundestrainer gleich ums Eck wohnt, fühlt sich ein Verein immer gut aufgehoben. Dementsprechend gelassen geht man in Freiburg mit der suboptimalen Ausbeute um. Trost gibt die Statistik: Letzte Saison hatten andere Mannschaften weniger Punkte und stiegen dennoch nicht ab. Dass das auch und erst recht bedeuten könnte, dass die eigene Mannschaft absteigt, glauben die Freiburger erst, wenn es Löw notariell beglaubigt. Es bleibt högschd brisant.

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