24.05.2012
EM-Sonderheft 2012
Kolumne im kicker Sonderheft vom 24. Mai 2012

Wird die EM stattfinden? Oder nur so etwas Ähnliches? Oder gar in einem anderen Land? Irgendwie haben Verschwörungstheorien Hochkonjunktur. Und selbstverständlich sind auch diejenigen mit von der Partie, die es von Anfang an gewusst haben, dass das nichts werden kann. Schuld ist angeblich Platini, weil der die EM an vermeintliche Schurken- und Gurkenstaaten vergibt, weil eben jene Länder seine Wahl zum UEFA-Chef bewerkstelligt haben. Die Rhetorik der UEFA leuchtet ein:
Hätte man damals bei der Vergabe gewusst, was für kuriose Rädelsführer in der Ukraine an die Macht gelangen, wären natürlich Polen und Portugal Ausrichter der EM. Der Fußballfan an sich aber kapiert überhaupt nichts mehr. Der hört nur irgendwas von Hungerstreik, Haft und teuren Hotels. Und hat dementsprechend keinen Plan, wie da die Zusammenhänge sind. Ist die Oppositionsführerin im Gefängnis, weil sie sich kein Hotel leisten kann? Oder will sie nach Deutschland verlegt werden, damit die Gefängnisse als Hotel herhalten können aufgrund des Notstands während der EM? Und was soll der Fußball nun machen, wenn die Situation so konfliktbeladen bleibt?

Fakt ist: deutsche Politiker wollen die deutschen Gruppenspiele boykottieren. Das macht die Vorrunde schon mal wieder zu einem echten Volkssport. Denn wenn Angela Merkel mit Schweinsteiger schäkert oder Özil betatscht, bringt das keinerlei Stabilität in die Viererkette.
Wobei die deutsche Kanzlerin sich ohnehin sehr flexibel zeigt.
Chinesische Spitzenpolitiker beispielsweise empfängt sie auch außerhalb von Fußballereignissen immer gerne. Soll heißen: Die Ukrainer haben es selber in der Hand, ob sie von Merkel umgarnt werden oder nicht. Sie brauchen nur in so großem Stile Handel betreiben mit Deutschland wie China. Vielleicht sollte die UEFA auch ein bisschen mehr von der FIFA lernen. Ein Sepp Blatter beispielsweise hätte garantiert dafür gesorgt, dass bis zum Turnier keine Wahlen im Land stattfinden dürfen, um keine Nichtdemokraten an die Macht zu bringen.
Alternativ hätte Blatter eher noch eigene Leute als Interimsregierung eingesetzt, um für genug Demokratie zu sorgen. Denn Sportfunktionäre sind im Notfall immer die besseren Politiker.

Und deshalb hat bei dieser gemütlichen EM die UEFA das Sagen und nicht Amnesty International. Der DFB muss einerseits zwischen Sport und Politik klar trennen. Andererseits aber auch zwischen Sport und Erfolg. Bei den letzten großen Turnieren trat das DFB-Team schlicht begeisternd auf. Nur die Erfolge lassen immer noch auf sich warten.
Doch die Wege des Jogi Löw sind unergründlich. Es fällt beispielsweise sofort auf, dass eine zu attraktive Spielweise eher als hinderlich angesehen wird. Anders kann man nicht erklären, weshalb so wenige Dortmunder in der Stammelf stehen. Der Bundestrainer legt mehr Wert auf das Abgebrühte der Bayern-Stars. Wobei eigentlich der Mix aus beiden Teams gefühlt die optimale Variante ergeben würde. Aber im Fußball geht es eben nicht um Gefühle, sondern Ergebnisse. Darum darf ohne Umschweife behauptet werden: Deutschland ist Favorit. Spanien ist krasser Außenseiter. Die besten Spanier sind Özil, Ronaldo und Messi und spielen für Deutschland, Portugal und Argentinien. Und der Rest spielt für Barcelona. Das liegt bekanntlich nicht in Spanien, sondern in Katalonien. Ein Scheitern Deutschlands ist quasi unmöglich. Jogi Löw sollte also erst gar nicht versuchen, das Unmögliche möglich zu machen.

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