06.08.2012
Wenn Geld da ist, aber kein Kapital
Kolumne im Donaukurier vom 27. Juli 2012

Es war eine gute Woche für Deutschland. Eine Ratingagentur hat sich viel Zeit genommen, um Bund, Länder und Banken ein bisschen genauer zu durchleuchten. Das Resultat der Untersuchungen: Da fehlt es an allen Ecken und Enden. Und zwar an Kapital. Geld sei zwar schon auch irgendwie genug da. Aber was die Institutionen damit anfangen, sei weder von Vernunft noch von Weitsicht getragen. Deshalb könne Deutschland fortan seine Spitzenbonität in die Tonne treten, falls die Ratingagenturen nicht auf jeglichen Ansatz von Objektivität verzichten wollen. Gut, überraschen darf das niemanden. Überraschend ist eher, dass eine Ratingagentur sich jetzt erst durchringt zu diesem Schritt.
Obwohl: Vielleicht wollte man bewusst noch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Thema Wahlrecht abwarten. Und dieses Urteil hat es ja nun wirklich in sich: Frau Merkel bekam nämlich attestiert, dass sie mit ihrem Verständnis von fairen Wahlen Deutschland auf das Level von Schurkenstaaten gehoben hat. Für Merkel, so das Urteil, bedeutet Demokratie, sich notfalls genug Überhangmandate besorgen zu können. Natürlich nur für den Fall, dass sich der Wähler verwählt hat.

Für die Ratingagentur ist der Fall somit klar: Wer das Geld des Steuerzahlers verjubelt und gleichzeitig den Willen des Wählers als nicht bindend, sondern eher als Empfehlung betrachtet, ist alles andere als kreditwürdig. Eine so kluge Frau wie Merkel sitzt aber natürlich deshalb so fest im Sattel, weil sie jederzeit die richtigen Schlüsse daraus zieht. Da sie erkannt hat, wie solide das Bundesverfassungsgericht die Aufgaben der Bundesregierung übernimmt, kann sie sich mehr um das Repräsentative kümmern. Und so zog es sie wieder einmal nach Bayreuth, um einen schönen Abend zu erleben.
Angeblich soll es dort dieses Jahr besonders schön sein, weil auf Druck des Rechnungshofes nicht mehr so viele Gratistickets an sogenannte Prominente vergeben werden durften. Das Thema Nachhaltigkeit hat also sogar den Grünen Hügel erreicht. Um diesen Trend gerecht zu werden, hat die Kanzlerin dasselbe Kleid wie 2008 angezogen. Das ist sehr lobenswert. Wenn sie nun den gleichen Grundsatz wie bei ihrem Umgang mit Kleidern nun auch noch beim Bundeshaushalt anwendet, könnte es sogar sein, dass Deutschland wieder mal auf einen grünen Zweig kommt. Ob die Ratingagenturen die Bayreuther Festspiele als kreditwürdig einstufen, konnte bislang nicht in Erfahrung gebracht werden.

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