20.08.2012
Wenn einem das Wasser bis zum Halse steht
Kolumne im Donaukurier vom 17. August 2012

Was treibt eigentlich Gerhard Schröder? Ist das eigentlich von Interesse? Freunde der CDU/CSU konnten sowieso nie was anfangen mit ihm. Und die SPD ist heilfroh, dass Schröder längst der Vergangenheit angehört, weil er mal versucht hatte, die SPD auf die Zukunft vorzubereiten. Aber da die SPD mit der Zukunft so wenig anfangen kann wie die CDU mit der Gegenwart, war klar: Schröder wird mehr Punkte in Flensburg sammeln als Sympathiepunkte in seiner Partei. Dennoch kommt er derzeit hie und da zu Wort, weil einige Jubiläen anstehen. Vor zehn Jahren war gerade Endspurt im Wahlkampf und die SPD stolperte einer epochalen Schlappe entgegen. Edmund Stoiber als Kanzlerkandidat (für Gesamtdeutschland, nicht nur für Bayern!) schien auf der Siegerstraße zu sein. Bis ein Hochwasser im Osten kam. Stoiber war sich sicher, dass ein Erscheinen im Katastrophengebiet den Wassermassen keine Angst einjagen würde. Außerdem hatte Edmund keine Gummistiefel, die farblich zu seinem Hochwasser-Janker passten.

Schröder hingegen ging klüger vor. Er wusste, dass ein Hochwasserverbot keinen Sinn machen würde. Doch er rechnete mit der Naivität des deutschen Volkes. Prompt ging die Rechnung auf. Seitdem hofft jeder Spitzenpolitiker auf Naturkatastrophen im Wahljahr. Aber für Schröder war das damals nicht genug. Er hatte gesehen, wie euphorisch Deutschland reagiert, wenn das Wasser bis zum Hals steht.
Und so kam er auf eine Idee, die ebenfalls derzeit das Zehnjährige feiert:
Hartz IV. Im Rückblick entsteht allerdings ein leicht schiefes Bild. Bei vielen oberflächlichen Zeitgenossen hat sich der Eindruck verfestigt, ein gewisser Herr Hartz habe die Sozialkassen geplündert, um das ergaunerte Geld in Brasilien mit leichten Mädels und schweren Jungs zu verjubeln. Fakt ist jedoch: Dank Hartz IV steht vielen Menschen das Wasser bis zum Hals, die nie damit gerechnet hätten.
Ähnlich ergeht es seit einiger Zeit vielen Griechen in ihrer Heimat.
Deshalb hat jetzt Schröder Urlaub in Griechenland gemacht. Die Stimmung dort ist sozusagen analog zu den überfluteten Ostregionen vor zehn Jahren. Und wie damals verbreitet Gerd wieder gute Stimmung in griechischen Medien. Weil sich Deutschland weigert, für Schröder eine große 10-Jahre-Hartz-IV-Party zu schmeißen. Hauptberuflich ist Schröder daher längst hochdotierter Putin-Fan. Weil er nach seiner Abwahl gemerkt hat: Demokratie ist nicht nur undankbar, sondern vor allem schlecht bezahlt.

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