17.02.2012

Wahrer Polit-Thriller aus Bayern

Kolumne im Donaukurier vom 17. Februar 2012

Mit dem Namen Albrecht Dürer können sicher nicht alle Zeitgenossen etwas anfangen. Bei einer Umfrage würden eventuell mehr Befragte auf den ICE tippen statt auf einen Maler. Und einige, die ihn als Maler kennen, meinen vielleicht, Dürer sei der erste Künstler gewesen, den man nach einem ICE benannt hätte. Kaum jemand weiß, dass Dürer sogar Graphiker und Mathematiker war. Würde Dürer heute leben, wäre er wahrscheinlich bei einer internetlastigen Werbeagentur beschäftigt. Oder bei Goldman Sachs, um lustige Finanzderivate zu entwickeln. So aber ist der Mann leider viel zu jung im Jahre 1528 gestorben. Und dennoch sorgte Dürer kürzlich für einen wahren Polit-Thriller in Bayern. Was war passiert? Im Mai gibt es eine große Dürer-Ausstellung in Dürers Heimatstadt Nürnberg. Und logischerweise will die Stadt so ziemlich alles präsentieren, was Dürer seinerzeit gemalt, gezeichnet, getwittert, mit dem iphone fotografiert oder am Laptop entworfen hat.
Dazu gehört ein Werk mit dem schönen Titel Selbstbildnis im Pelzrock.
Das hängt verhängnisvollerweise in der Alten Pinakothek in München. Da sollte es, möchte man meinen, ein Klacks sein, das Kunstwerk mal eben über die A9 nach Nürnberg zu bringen. Weit gefehlt! Experten meinten nämlich, ein Transport sei völlig ausgeschlossen. Das Bild hätte eine schwere Kindheit gehabt und wäre ohnehin nur durch ständige Einreibung mit einer Ritalinlauge vor dem Zerfall bewahrt worden. Diese Aussagen fassten logischerweise fränkische Abgeordnete als Affront auf und drohten, so ziemlich alles zu blockieren im Landtag.

Deshalb machten sich die ultimativen Kunstsachverständigen Bayerns auf, um ein finales und rationales Urteil zu fällen. Allen voran natürlich Horst Seehofer als Experte für alles. Und dazu Bayerns Kunstminister Heubisch, der als Zahnarzt quasi ein sehr sentidentales Verhältnis zur Malerei pflegt. Fazit: Das Gemälde bleibt in München, weil Verkehrsminister Ramsauer noch nicht alle Schlaglöcher zwischen Freimann und Hilpoltstein beseitigt hat. Kunstminister Heubisch aber hat zwecks Besänftigung eine grandiose Idee: Mit der Eintrittskarte der Dürer-Ausstellung soll in Nürnberg man sich auch das eine Bild in München anschauen dürfen. Für die Dauer der Ausstellung wird direkt vor der Pinakothek ein Mausoleum aufgebaut, in dem das pelzberockte Selbstbildnis besichtigt werden kann. Ein großer Sieg für die Kunst.
Und erst recht für die Politik.

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