18.10.2019 13:04
Vize-Ministerpräsident in Bayern: Ein Traumjob!
Kolumne im Donaukurier vom 18. Oktober 2019

Vize-Ministerpräsident in Bayern ist ein Traumjob. Wann immer es ernst wird, greift Markus Söder nämlich persönlich ein. Wann immer es nicht mehr ganz so ernst wird, darf dafür sein Vize Hubert Aiwanger ran. So omnipräsent wie Söder nun mal ist, scheint es sehr oft sehr ernst zu sein. Und wenn Aiwanger in Aktion tritt, hat er dadurch den Druck, es ja nicht aus Versehen ernst werden zu lassen. Das mag jetzt ein bisschen verwirrend klingen. Aber Fakt ist: Das Unernste ist Pflicht für einen Vize, wenn er terminlich nicht ganz außen vor bleiben will.
In diesem Zusammenhang muss auch die Rede von Aiwanger bei den Internationalen Jagd- und Schützentagen letztes Wochenende auf Schloss Grünau gesehen werden. So wie auch nicht unterschlagen werden darf, dass Aiwanger selber begeisterter Jäger ist.
Jedenfalls ließ bei dieser Gelegenheit der Vize-Hubert sein Auditorium wissen, dass zur ultimativen Sicherheit eines nötig wäre: Jeder und jede Anständige müsste ein Messer bei sich tragen. Seitdem geht es rund auf den Meinungsseiten der Republik. Daran ist Aiwanger natürlich selber schuld. Denn er blieb zu unpräzise in seinen Ausführungen. Wenn nur Anständige ein Messer dabeihaben, wissen die wahrscheinlich auch, wann so ein Gerät sinnvoll einzusetzen ist. Wer Anstand hat, ist auch Jäger. Bei einem Jäger darf man durchaus von einem rationalen Jagdinstinkt ausgehen. Im Umkehrschluss würde das bedeuten, dass Unanständige ohne Messer durch die Gegend rennen und dadurch als solche sofort erkennbar wären. Das würde die Sicherheitslage sofort entschärfen. Ein Unanständiger mit Messer würde quasi falsche Tatsachen vortäuschen und wäre sofort festzunehmen. Außerdem wohnt Aiwanger in einer Gegend, in der man sich großräumig untereinander kennt. Durch diese soziale Kontrolle wird automatisch jeder anständig.
Wenn aus Versehen mal der Anstand zu kurz kommt, folgen sofort drastische Sanktionen. Missverständlich kommen Aiwangers Worte deshalb vor allem in größeren Städten an. So wie am Land draußen ein Messer selbstverständlich ist, ist es in Ballungsräumen eher unselbstverständlich. Darum entsteht auch auf dem Land draußen schnell der Eindruck, dass es in Großstädten viele Unanständige gibt. Wenn da einer ein Messer hat, schiebt man das eher auf einen gewaltaffinen Kulturkreis. Und wer in der Stadt Böses vorhat, nimmt sowieso einen E-Roller. Was also Aiwanger sagen wollte: Ein Messer ist nicht nur ein Messer. Sondern auch ein Gradmesser.

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