28.08.2020 11:45
DAX auf Rädern
Kolumne im Donaukurier vom 28.08.2020
Corona beweist:

Daheim zu arbeiten kann durchaus zu einer Entzerrung des Zeitplans führen.
Vorausgesetzt natürlich, die räumlichen Verhältnisse lassen es zu.
Wenn der Dienstweg nicht mehr über die A9 führt, sondern nur noch
vom Frühstückstisch ins Arbeitszimmer, lässt sich viel Zeit sparen.
Vom Geld ganz zu schweigen. Erst diese Woche wurde veröffentlicht,
dass der Spritkonsum um 13 Prozent niedriger liegt als im Vorjahreszeitraum.
Da frohlockt die Natur. Aber weil der Mensch bekanntlich ein Gewohnheitstier ist,
mag sich eine gewisse Bewegungsaversion daraus entwickeln. 
Wenn einen nicht mal mehr die Arbeit aus dem Haus treibt, haben andere Gründe erst recht keine Chance mehr.


Genau auf diesen Mechanismus bauen auch immer mehr Investoren.

Denn sie betonieren die Essenslieferdienste mit dermaßen  
viel Geld zu, dass die Zukunft der Menschheit nur noch eine Richtung  
zu kennen scheint: Jeder bestellt sich achtmal pro Tag Essen über  
solche Lieferdienste. Und selbst das Weißbier aus dem Kühlschrank holt  
man sich dann nicht mehr selber, sondern lässt es sich von einem  
buntbehelmten und lausig entlohnten Radfahrer bringen. Anders lassen  
sich all die Milliarden, die in diesen Markt gepumpt werden, nicht  
erklären.
Eine dieser Lieferfirmen schafft es nun sogar in den DAX. Weil  
Wirecard bekanntlich nicht ganz so anständig umging mit dem Vertrauen  
der Anleger und Kunden. Der Deutsche Aktienindex war bislang eher  
bekannt für Firmen wie Adidas, Allianz oder Siemens. Platzhirsche, die  
seit Jahrzehnten solide Geschäftskonzepte und entsprechende Ergebnisse  
vorweisen.

Wirecard hat bewiesen:
Man kann es auch mit Lug und Trug in den DAX schaffen. Zumindest für eine Weile.

Der Lieferdienst Delivery Hero hingegen ist tatsächlich grundehrlich.
Und deshalb hat das Unternehmen auch eine tolle Botschaft parat für die Märkte:
Es gab  bislang nur Verluste. Dank Corona hat zwar Delivery Hero im ersten  
Halbjahr seinen Umsatz quasi verdoppelt – aber analog dazu auch die  
Verluste. Je mehr dieser Laden arbeitet, umso höhere Verluste fährt er  
also ein. Und wird dafür mit dem Einzug in den DAX belohnt. Für die  
Anleger ist das Soziale also endlich wichtiger als Geld. Denn seit den  
Minuszinsen ist Geld höchst dubios. Delivery Hero ist an der Börse  
bereits viermal so viel wert wie die Lufthansa. Die Lufthansa sollte  
also schleunigst von Delivery Hero lernen:

Runter mit den Gehältern –  und die Kunden nur noch mit dem Fahrrad befördern.





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