30.04.2012
Seehofer-Facebook-Party
Kolumne im Donaukurier vom 27. April 2012

Sollte irgendwer dieser Tage Horst Seehofer mit Augenklappe sehen, sei gleich vorneweg gesagt: den Augen des Ministerpräsidenten geht es bestens. Die Augenklappe ist lediglich ein nicht ganz versteckter Hinweis, dass Seehofer die Piraten ernst nimmt. Und sogar deren Methoden teilweise übernimmt. Bislang hat man den CSU-Chef eigentlich weder mit Facebook noch mit der Edeldisco P1 in Verbindung gebracht.

Das soll sich jetzt jedoch ändern. Denn bald sollen sich alle Facebook-Seehofer-Fans im P1 einfinden. Und niemand weiß, mit welchem Andrang zu rechnen ist. Damit will Seehofer nicht nur zeigen, wie modern er ist. Es geht auch um die Analyse, ob Seehofers Freunde nur virtuell oder gar pure Einbildung sind oder ob es sie auch in der analogen Realität gibt. Vor allem ist eine Frage spannend: Hat er auch Freunde in der FDP? Wird womöglich Wirtschaftsminister Zeil gleich mit zwei Augenklappen auftauchen? Schließlich muss Zeil oft genug wegschauen, wenn der Ministerpräsident wieder mal äußerst flexibel angestammte Positionen räumt. So gehört es sich auch für einen echten CSU-Piraten: Man kann nur dahin segeln, wo der Wind einen hinträgt.
Gerade deshalb achtet Seehofer penibel darauf, wann sich der Wind in welche Richtung dreht. Jedenfalls hat er Wind davon bekommen, wie sehr Transparenz und auch undemokratische Methoden wie mehr Bürgerbeteiligung derzeit in sind.

Bei Edmund Stoiber, der sich als heimlichen Parteichef ansieht, mag dies nur Befremden auslösen. Stoiber pflegt doch schon eher den leicht distanzierten Kontakt zu seinen Fans. Auf die Idee, so eine Horde in einen Klub einzuladen, um Fans und Bewunderer zwanglos und durch Cocktails unterstützt kennenzulernen, käme Edmund nie. Er würde den Mindestabstand wahrscheinlich auf die bewährten zehn Minuten festlegen. Je nachdem, von welchem Bahnhof seine Fans zu welchem Flughafen wollen. Wobei nicht wenige CSU-Routiniers beim Thema Facebook sicher nur Bahnhof verstehen würden. Auf die zwischenmenschliche Moderne war die Stoiber-CSU nie so richtig vorbereitet. Modernität verband CSU nämlich immer nur mit Hightech.
Durch die Facebook-Party will Seehofer Fans kennenlernen. Stoibers Motto hingegen war eher: Ihr werdet mich schon noch kennenlernen! Wer Seehofer kennt, weiß auch, dass das erst der Anfang der Digitalisierung der CSU ist. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis Kabinettssitzungen exklusiv auf Facebook stattfinden.

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