16.12.2016
Politiker und Staaten: Nichts als Marionetten in Putins Hand?
Kolumne im Donaukurier vom 16. Dezember 2016
Selbstverteidigungskurse sind derzeit der letzte Schrei. Oder andersrum:
Je besser man sich verteidigen kann, umso seltener muss man schreien. So in etwa lautet wohl die Theorie, die die Leute in die Nahkampfschulen treibt. Dabei sollte der Fokus viel stärker auf den Fernkampf gelegt werden. Zumindest wenn man diversen Nachrichtenkreisen glaubt. Denn aus einigen Ecken ist zu hören, dass alle wichtigen Politiker und Staaten nur Marionetten in Putins Hand sind. Dass Trump gewählt wurde, hat er angeblich nur Putin zu verdanken. Für ihn ist Trump definitiv die angenehmere Variante als Hillary Clinton. Während Trump das Präsidentenamt eher als Party versteht, hätte Clinton womöglich nur ihren Ehrgeiz ausgelebt. So aber werden die russisch-amerikanischen Treffen eher wie gemütliche Vereinsabende. Glaubt man jüngsten Äußerungen aus der Bundesregierung, soll Putin es nun auf Merkel abgesehen haben. Er hat wohl keine rechte Lust auf weitere vier Jahre mit der Kanzlerin. Zu viel der Kontinuität kann er vielleicht nur ertragen, wenn es um seine Person geht. Aus bestens uninformierten Kreisen ist zu hören, Putins Favorit für die Bundestagswahl sei jedoch nicht Sigmar Gabriel, sondern Martin Schulz.  
Gabriel ist eventuell zu sprunghaft für russische Verhältnisse. Gern gibt der SPD-Chef den Gute-Laune-Bär, nur um Sekunden später die Kanzlerin zu attackieren. Ein Martin Schulz ist weitaus berechenbarer für Putin. Schulz hat sein halbes Leben in diversen Brüsseler Einrichtungen verbracht. als EU-Parlamentspräsident hat er zuletzt auch bewiesen, dass er jederzeit grandiose Reden schwingen kann, ohne folgenschwere Taten folgen zu lassen. Mit Schulz wären all die Dinge, die Merkel nicht toll findet, sofort auf dem Verhandlungstisch:  
Eurobonds, Bankenunion, EU-Arbeitslosenversicherung. Wo sich Europa jetzt noch strikt teilt zwischen Arm und Reich, käme unter Schulz eine Angleichung der Verhältnisse durchaus in den Bereich des Machbaren. So dass sich mittelfristig Arm zu Arm gesellt. Unterm Strich will Putin quasi nur seine Ruhe. Oder in aller Ruhe seine Kreise ziehen. Das hat auch das renommierte Time-Magazin erkannt und deshalb nicht Trump, sondern Putin auf Platz 1 gesetzt bei der Wahl zum einflussreichsten Menschen. Putin selbst wird sich denken: Die EU-Sanktionen haben mich ganz nach vorne gebracht. Und Europa? Bräuchte wohl selber einen Selbstverteidigungskurs. Um sich vor sich selbst zu verteidigen.
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