22.03.2019 17:20
Löw ist immer noch Bundestrainer. Und das ist gut so!
Kolumne im Donaukurier vom 22. März 2019

Jogi Löw ist immer noch Bundestrainer. Und das ist gut so. Das mag jetzt für viele nach Naivität oder gar Weltfremdheit klingen. Es geht schon mal los mit der Suche nach Plan B: Wer sollte Nachfolger von Jogi Löw werden? Man darf nämlich nicht vergessen: Alle Trainer, die als deutsche Spitzenkräfte gelten, sind in einer besonders privilegierten Situation. Jürgen Klopp in Liverpool und Thomas Tuchel in Paris können nach Lust und Laune auf Einkaufstour gehen. Da tut sich Jogi Löw schon schwerer. Der ist auf die Bundesliga angewiesen. 
Ein Blick auf die deutsche Eliteliga kann da nur ernüchtern. Der einzige deutsche Verein, der nicht allzu sehr mit sich selber, sondern tatsächlich mit dem Gegner beschäftigt ist, ist Eintracht Frankfurt.
Dementsprechend spielen die Hessen noch mit in Europa – allerdings auch nur in der Europa League. Den FC Bayern treibt der Umbruch um, der bislang nicht allzu intensiv angegangen wurde. Borussia Dortmund war mit der Tabellenführung heillos überfordert und überlegt jetzt schon, wann genau man den Bayern zur Meisterschaft gratulieren will. 
Der Rest der Liga kämpft ums Überleben. An Jogi Löw denkt da keiner. 
Und in dieser Gemengelage kommt ein Testspiel gegen Serbien daher. 
Wohlgemerkt: Kurz vor den Europawahlen! Glaubt man internationalen Kommentatoren, ist Serbien ähnlich auf der Suche nach sich selbst wie Europa. Auf Deutschland schauen sowieso alle skeptisch wegen der wirtschaftlichen Dominanz und der offenherzigen Migrationspolitik. Was hätte ein glatter Sieg gegen Serbien bezweckt? Ungute Emotionen auf allen Seiten. Löw mit seiner Harmoniebedürftigkeit hätte ein Problem damit, schon wieder als Heilsbringer da zu stehen. So steht er hingegen da als einer, der Wogen glättet. Damit ist er das perfekte Gegenstück zu Frau Kramp-Karrenbauer. Als neulich der Ober-Franzose Macron verzweifelt nach einer EU-Arbeitslosenversicherung rief, ließ die Antwort von Kramp-Karrenbauer nicht lange auf sich warten: Dass Deutschland die Arbeitslosen in der EU finanziert, sei mit ihr nicht zu machen - aber man könne ja zusammen einen Flugzeugträger bauen. Löw widerstrebt so ein testosterongesteuertes Auftreten. Aber er denkt in größerem Maßstab. Jogi wäre so gesehen eigentlich der ideale Kopf für die EU-Kommission. Er hätte auch nicht Viktor Orbán so verprellt wie die EVP-Fraktion vorgestern. Jogi hätte ein Freundschaftsspiel gegen Ungarn ausgemacht. Und sich vor dem Anpfiff auf 1:1 geeinigt.

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