26.06.2015
Kunstwerk EU: Ein abstraktes Gemälde
Kolumne im Donaukurier vom 26. Juni 2015

Wäre die EU ein Kunstwerk, würden sich die Betrachter fragen, welche Drogen die Künstler wohl nehmen, um so ein abstraktes Gemälde zu erschaffen. Es wurde und wird viel Energie darauf verwendet, um so einen hohen Grad an Unkenntlichkeit zu erreichen. Das spricht für die Kreativität der EU-Politiker. Die wären schön blöd, wenn sie kommunizieren würden, was genau sie sich eigentlich unter Europa vorstellen. Dann wäre nämlich auch klar erkennbar, ob und wie sie sich ihrem Ziel nähern. Es dominiert der Nichtwille statt des Willens. Von der griechischen Regierung ist beispielsweise bekannt, dass sie eigentlich keinen Bock auf Reformen hat. Und eigentlich auch keinen Bock auf einen Verbleib in der EU hat. Oder aber nur in der EU bleiben will, wenn die anderen EU-Länder eine Mischung aus Vollpension und Vollkasko zum Nulltarif auf Lebenszeit garantieren. Welche dieser drei Optionen gerade favorisiert wird, hängt wiederum wahlweise von der Uhrzeit, dem Speiseplan in der Parlamentskantine oder vom aktuellen Blutdruck der Herren Tsipras und Varoufakis ab. Angela Merkel hingegen will einfach nur nicht schuld sein. Deshalb durfte diese Woche nicht Tsipras, sondern die Queen bei ihr aufschlagen. Die Königin hat vernünftige Tischmanieren, genug Geld und auch genug Abstand zu Europa. Das sorgt für Entspannung bei ihr, aber auch bei der deutschen Kanzlerin. Unentspannt wird Merkel, wenn sie dauernd lesen darf, dass ein Rauswurf Griechenlands aus der EU ihre Schuld wäre. Den Schuh will sich Merkel logischerweise nicht anziehen. Sie war schon nicht schuld an der deutschen Einheit. Da muss sie auch nicht schuld sein an der europäischen Einheit.
Gerade weil die EU kein Kunstwerk ist, aber ein Geschenk für die Queen her musste, hat sich der Bundespräsident etwas Tolles einfallen lassen. Ein Gemälde, auf dem die Queen als Neunjährige auf einem Pferd sitzt. Und der Queen-Papa schaut zu. Es war eine Auftragsarbeit. Doch die Queen zeigte sich sichtlich irritiert. Denn das Pferd war blau. Also nicht alkoholisiert, sondern farblich. Was die Queen auch sofort monierte. Denn die Dame hat scheinbar im Gegensatz zu Gauck noch nie blaue Pferde gesehen. Den Mann auf dem Bild wollte die Queen auch nicht als ihren Vater identifizieren. Schnell schob Gauck ihr deshalb quasi als Wiedergutmachung eine Schachtel mit Marzipan rüber. Das Bild bleibt als Drohkulisse stehen. Für den Fall, dass England die EU verlassen will.

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