04.09.2020 12:36
"Jens Spahn - Einsichten des Coronators"
Kolumne im Donaukurier vom 04.09.2020
Kommende Woche ist in Bayern Schulanfang. Das ist doch schon mal ein  
Indiz, dass so etwas wie Normalität einkehren soll. Und zwar  
bundesweit. Das bajuwarische Selbstverständnis, Taktgeber der Republik  
zu sein, hat selbstverständlich auch unter Corona nicht gelitten. Und  
weil da, wo Söder ist, generell vorne sein soll, ist Bayern in der  
Rubrik Neuinfektionen immer gut für einen Platz weit vorne. Der  
Schulanfang ist daher auch eine passende Gelegenheit für die Frage:  

Hat Corona auch Vorteile?

Natürlich! Man beachte nur die jüngsten  

Einlassungen des Gesundheitsministers Spahn. Er gibt unumwunden zu,  
dass so manch eine Anti-Corona-Maßnahme ein Schuss in den Ofen oder  
gar der Blick mit dem Ofenrohr ins Gebirge war. Das nimmt viel Wind  
aus den Segeln jener, die der Regierung gerne Hybris unterstellen.  
Wenn Merkel nach Darstellung einiger Corona-Skeptiker eine Echse sein  
soll, gibt Spahn nun den liebenswürdigen und reumütigen Dackel. Hier  
läuft sich einer warm für höhere Ämter. Spahns Botschaft zwischen den  
Zeilen lautet: „Ich habe zwar eindeutig mehr Ahnung als Söder – das  
muss aber noch lange nicht bedeuten, dass ich richtig liege.“

Das Volk kann daher optimistisch sein. Es wird auch in Zukunft dem  
Grundsatz „Versuch und Irrtum“ ausgesetzt sein. Aber die Regierung  
wird die Irrtümer im Nachhinein in alphabetischer Reihenfolge  
eingestehen. Scheitern wird also ein Stück weit als Alltagsphänomen  
legitimiert. Die Industrie nimmt sich die Politik schon als Vorbild  
und präsentiert bislang undenkbare Szenarien zum Thema  
Arbeitsplatzabbau. Da passt es prima, dass Oppositionsparteien sowieso  
schon seit Monaten die ideale Zukunft in einer  
Null-bis-vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich sehen. Wenn sich  
Regierung und Opposition so wunderbar gegenseitig zuarbeiten, wird es  
Corona auch nur zu einer Fußnote des neuen Jahrzehnts schaffen. Und  
die Experten aus dem Bereich Medizin können da bestens mithalten.  
Ärzte sehen nämlich eine sehr harmlose Grippesaison kommen. Weil die  
Anti-Corona-Maßnahmen den Grippeviren keine Chance lassen. Daher muss  
Spahn jetzt sicherstellen, dass ein gewisser Bodensatz an  
Corona-Fällen nicht unterschritten wird.
 

Es wird nämlich nicht reichen, dass sich Menschen nicht mehr im Bus oder im Büro gegenseitig ins Gesicht husten. 
Nein, zwischenmenschliche Begegnungen müssen dauerhaft so intim ablaufen wie Treffen zwischen Angela Merkel und Wladimir Putin.

Auf Coronator Spahn wartet viel Arbeit.
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