12.02.2021 11:06
Hauptsache, die Frisur passt .
Kolumne im Donaukurier vom12.02.2021

Die Lockerungen sind endlich da – also fast! Und so wie es sich für den Führungsanspruch Bayerns gehört, haut der Freistaat noch ein Extra-Sahnehäubchen drauf: Ab 22. Februar sind die Grundschulen für alle Interessierten wieder geöffnet. Damit hat Markus Söder den Titel „Papa des Jahres“ sicher. Bedanken sollten sich bayerische Eltern aber nicht beim Ministerpräsidenten, sondern bei Bildungsminister Piazolo. Als gewiefter Taktiker hat Piazolo nämlich alles, was Homeschooling betrifft, dermaßen unterminiert, dass an Bildung daheim zumindest in Bayern nur ungern zu denken ist. Warum? Weil er immer schon der Meinung war: Schüler gehören in die Schule. Sollte Bayern jemals einen Minister für Sabotage brauchen, gäbe es an Michael Piazolo kein Vorbeikommen. Dank seiner Mebis-Allergie ist die Vorfreude auf Schule größer denn je. Corona hat aus der Schulpflicht einen Schulwunsch gemacht. Psychologisch ist so ein Dauer-Lockdown natürlich von Vorteil. Mussten gestresste Eltern sonst immer den frühmorgens gerne mal mürrischen Nachwuchs zum Schulbesuch überreden unter Androhung von Sanktionen, wird die Schule nun eher als Ferienfreizeit angesehen. Oder als die Zeit zwischen zwei Lockdowns. Dass der nächste Lockdown sowieso nicht fern ist, hat die Kanzlerin schon angedeutet. Merkel hätte nämlich den jetzigen Lockdown gerne verlängert, weil sie der Abwärtstendenz bei den Infektionen nicht über den Weg traut. Mit einem Stoßseufzer hat sie zugegeben, dass die Länderfürsten einiges anders sehen als sie. Noch wichtiger ist allerdings, dass die Friseure bald wieder aufmachen dürfen. Das mag an einem Trauma im Kanzleramt liegen. Die ersten Jahre ihrer Kanzlerschaft beschäftigte sich die Presse mehr mit Merkels Frisur als mit ihrer Politik. Daraus hat Merkel eines gelernt: Nie wieder darf das Thema Frisur politische Relevanz gewinnen. Der jetzige Vizekanzler und zukünftige Kanzler der Herzen namens Olaf Scholz hat das auch verinnerlicht. So aerodynamisch wie Scholz stets daherkommt, darf er wohl zu den glücklichen Besitzern einer Haarschneidemaschine gehören. Durch die Öffnung der Friseurgeschäfte kann bald das gesamte Bundeskabinett nachziehen. Und Merkel läuft nicht Gefahr, mit einer Tina-Turner-Gedächtnis-Mähne aus dem Amt zu scheiden. Söder hat es da deutlich einfacher. Sein Markenzeichen ist nicht die Frisur, sondern die markante Weste, die er im Winter immer trägt. Tagsüber unter dem Sakko. Nachts über dem Pyjama.

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