09.07.2021 12:10
Ölindustrie - grün wie nie
Kolumne im Donaukurier vom 09.07.2021

Früher ging es Ölkonzernen ums Geld. Doch die Zeiten haben sich geändert. Wer auf Kosten der Umwelt nach Gewinn strebt, kriegt Ärger. Shell und Aral tun also gut daran, sich mit der Politik gut zu stellen. Und zwar so, dass es nicht allzu offensichtlich nach Lobbyismus ausschaut. Und dieses Spiel beherrschen die Ölmagnaten auf dem Effeff. Die Petrolindustrie muss sich einerseits mit der Bundesregierung arrangieren. Andererseits muss sie aber die Opposition im Auge behalten, weil diese ja ab Herbst bekanntlich an die Macht will. Auch wenn einige Verschwörungstheoretiker die Kunde verbreiten, Annalena Baerbock sei in Wahrheit eine CDU-Agentin. Weil sie angeblich ein heimliches Patenkind von Angela Merkel sei, das den grünen Wahlkampf torpedieren soll mit dubiosen Lebensläufen und Büchern, die sie weder geschrieben noch gelesen hat. Fakt ist: Sowohl die CDU als auch die Grünen wollen das Kanzleramt. Die SPD will das eigentlich auch – aber das glaubt mittlerweile nicht mal mehr die SPD selber. Für die Ölmultis stellt sich daher die Frage: Was ist zu tun, damit nach der Wahl die Schwarzen und die Grünen eine wohlwollende Haltung gegenüber Petrolfreaks haben? Der CDU wäre momentan am liebsten, wenn die Bundesbürger gefälligst im Inland Urlaub machen statt mit dem Auto nach Italien zu düsen. Damit sich die Ausbreitung der Delta-Mutation verzögert. Idealerweise soll der nächste Lockdown ja erst nach der Bundestagswahl verhängt werden. Vorher wäre es Gift für den Unionswahlkampf. Die Grünen hingegen würden es begrüßen, wenn jetzt schon niemand mehr Auto oder LKW fährt. Personen und Container können schließlich auch per Schubkarren und Lastenfahrrad transportiert werden. Und hier greift nun der geniale Schachzug der Ölkonzerne: Sie haben den Sprit jetzt schon so teuer gemacht, wie es Union und Grüne eigentlich erst für die nächsten Jahre vorgesehen hatten. Wurden die Benzin- und Dieseldealer sonst immer gescholten von der Politik für ihre sommerlichen Preisaufschläge, ist diesmal nichts davon zu hören. Sollte der Wunsch von Markus Söder in Erfüllung gehen und es ab Herbst eine schwarz-grüne Koalition geben, will sich die Ölindustrie als offizieller Koalitionspartner positionieren. Hoffen die Schwarzen insgeheim auf einen Spritpreis von 2 Euro und die Grünen von 3 Euro ab 2023, kann der Mineralölverband stolz verkünden: „Wir regeln das für euch schon 2022. Uns geht es nicht ums Geld – sondern um Profit.“

 

Zurück