14.05.2012
Gediegene Feier ohne Tombola
Kolumne im Donaukurier vom 11. Mai 2012

Bei Seehofers Facebook-Party war im Vorfeld das Schlimmste befürchtet worden. Da kam das gesamte neudeutsche Vokabular zum Einsatz:
Flashmob, Shitstorm, Overkill und sonstige Bezeichnungen, die eigentlich eher als Namen für Heavy Metal-Gruppen taugen. Dabei hätte man es ahnen können: Wenn die CSU mitsamt Parteichef feiert, und das auch noch in einem gutbürgerlichen Wirtshaus wie dem P1 in München, sollte es schon gediegen zugehen. Und so kam es, wie es Woche für Woche im P1 vorkommt: Man feiert mehr oder weniger unter sich. Ein paar Jungunionisten, eine Handvoll Parteisoldaten, ansonsten jede Menge Journalisten. Das beweist einmal mehr das Gespür Seehofers für exaktes Timing. Mit der ersten Facebook-Party eines Politikers nahm er den Piraten geschickt den Wind aus den Segeln. Ein bisschen virtuelle Welt plus Gratisgetränk, das kann Seehofer eben noch viel edler zelebrieren als die Piraten. Denen hätte der P1-Eigentümer seinen Schuppen sicher nicht überlassen. Zum einen, weil man dann wirklich nicht weiß, wer und in welcher Anzahl aufkreuzt. Zum anderen, weil angesichts des Das-Leben-sollte-kostenlos-sein-Gedanken der Piraten der Wirt wohl auch auf der Rechnung sitzen bleiben würde.

So aber hatte Seehofer das, wovon so viele Politiker träumen: Unter der Woche bei lauen Temperaturen entspannte Freizeit in der Nähe des Eisbachs. Sollte das Ziel gewesen sein, einfach mal ein bisschen Ruhe zu finden, hat diese Party ihren Zweck erfüllt. Die nächste Party, falls die Erschließung neuer Klientel angestrebt wird, sollte allerdings dann einen gewissen Spannungsbogen haben. Gäbe es beispielsweise eine Tombola, wo der Hauptpreis ein VIP-Ticket für das Champions League-Finale ist, kämen wahrlich andere Horden ins P1.
Ebenso wäre es angebracht, die Facebook-Fete in Kombination mit der Neueröffnung eines H&M-Ladens zu kombinieren. Schon hätte die CSU Fans, die sie angeblich bis dato nicht erreicht: jung, weiblich, konsumfreudig.

Von einem Experiment sprach CSU-General Dobrindt. Die Ausgangssituation war auch in der Tat spannend: Kommen Leute in einen angesagten Klub, in den sie unter normalen Umständen nicht reingelassen werden, um sich ein Freigetränk abzustauben? Antwort: Ja, aber nicht so zahlreich wie gedacht. Fazit: Der Schuppen hat sein legendäres Image den überteuerten Getränken zu verdanken. Gibt es was umsonst, hat das P1 keinen Reiz. Die Edeldisko ist nur apart, wenn die Apartheid gepflegt wird.

Zurück