17.05.2019 14:48
Europawahlen 2019: Genug Stoff für Untergangsphantasten!
Kolumne im Donaukurier vom 17. Mai 2019

Sind die Deutschen nur Verschwörungstheoretiker oder tatsächlich ängstlich? Gemäß einer Umfrage einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft befürchten nämlich 70 Prozent der Befragten im Vorfeld der Europawahlen Falschmeldungen. Manchmal ist sogar unklar, ob diverse Meldungen von Europafans oder Europaskeptikern gestreut werden.
Beispielsweise geistert eine Information durch die Gegend, Angela Merkel würde sich positionieren für ein Spitzenamt in der EU. Für die einen mag das eine frohe Botschaft sein und für die anderen die reinste Horrormeldung. Urheber könnte ein Putin sein, der auf das Implodieren der EU angeblich hinarbeitet. Genauso käme ein Juncker in Frage, der es gerne sehen würde, dass Deutschland als Hauptsponsor der EU auftritt. Da kann Merkel selber noch so oft behaupten, dass sie an keine weiteren Ämter denkt nach ihrer Kanzlerschaft – ihre besonderen Freunde werden das auch nur als taktische Finte bewerten.
Aber das sind in Wahrheit eh nur Lappalien. Denn Merkel hat in 15 Jahren ausgiebig bewiesen, wie sehr ihr politischer Stillstand am Herzen liegt. Folglich würde sie auch in der EU einfach nur die Dinge laufen lassen. Daher ist es für den Bürger wichtiger, in Sachen Falschmeldungen auf andere Themenfelder zu achten.
Wenn es zum Beispiel heißt, Jürgen Klopp wird der nächste Bayern-Trainer, kann man darauf wetten, dass Brexit-Fanatiker einfach nur die EU destabilisieren wollen, indem sie halb Britannien auf die Barrikaden bringen. Ebenso ist der drohende Ausschluss von Manchester City aus der Champions League ein ideales Mittel, um Öl zu gießen ins schwächelnde EU-Feuer. Manche wollen einen bayerischen EU-Kommissionschef Manfred Weber verhindern und behaupten: Ein Bayer sei ein Bayer – und Bayer würde mit dem Glyphosat von Monsanto sich drauf und dran machen, die ganze Welt zu vergiften. Und was Uli Hoeneß in Brüssel anrichten könnte, wenn der FC Bayern wieder so früh in der Champions League ausscheidet, ist auch Stoff für Untergangsphantasten.
Unterm Strich gilt es, Ruhe zu bewahren. Die EU ist mental ähnlich drauf wie die Bundesregierung: jede Partei ist so sehr mit sich selber beschäftigt, dass sowieso keiner willens oder in der Lage ist, das Große und Ganze zu beurteilen oder gar weiterzuentwickeln. Ansonsten bremst das Einstimmigkeitsprinzip alles aus. Die einzige Frage, die in Europa demnächst wirklich geklärt wird, lautet: Gewinnt Liverpool oder Tottenham die Champions League?

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