11.06.2012
Europa und die Phantomwährung
Kolumne im Donaukurier vom 08. Juni 2012

Eigentlich sollte die Fußball-EM in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit weit hinter dem Euro-Drama stehen. Aber eben nur eigentlich. Während alle Sender live von der täglichen DFB-Pressekonferenz berichten, ist das Thema Euro scheinbar durch. So richtig warm geworden ist ohnehin niemand in Europa mit der Phantomwährung. Deutschland ist mit dem Euro unterbewertet und alle anderen Euro-Länder sind heillos überfordert.
Und dass deutsche Politiker sich unverdrossen für den Erhalt des Euros einsetzten, machte weder den Euro noch die Politiker sympathischer.
Doch nun ist der Druck endlich aus dem Kessel. Von der Opposition bis hin zur Regierung haben sich alle innerlich verabschiedet. Wichtigstes Indiz dafür: Viele Polit-Berühmtheiten sind entweder mitten im Urlaub oder treten diesen bald an.

Grünen-Chefin Claudia Roth beispielsweise wollte ein paar Wellnesstage einlegen und machte sich deshalb gen Tripolis auf. Libyen war ja schon immer ein Eldorado für die Grünen, weil sie sich mit Gaddafi gut identifizieren konnten. Jener schwor schließlich auf sein berühmtes grünes Buch. Und indem er stets in Zelten wohnte, demonstrierte er seine Nähe zur Natur. Im Prinzip war er Libyens Antwort auf Claudia Roth, gepaart mit einem Schuss Despotismus. Leider haben das die Gaddafi-Getreuen nicht mitgekriegt. Die haben nämlich noch nicht mitgekriegt, dass ihr großes Idol nicht mehr unter ihnen weilt. Deshalb kämpfen sie noch munter dahin und halten just den Flughafen besetzt, von dem aus Frau Roth nach Tunis fliegen wollte. Ende vom Lied:
Roth ist nun großer Fan der libyschen Mitfahrzentrale.

Angela Merkel hält hingegen der Heimat die Treue. Sie zieht es nach Danzig, was für viele Konservative irgendwo schon auch deutsches Territorium ist ähnlich wie Südtirol, wo die Kanzlerin urlaubt, wenn nicht gerade EM ist. Laut Oliver Bierhoff, dem weltweit bestbezahlten Hoteltester in Diensten des DFB, taucht Merkel am Dienstag im Teamquartier auf. Zum Abendessen. Ihrem ausdrücklichen Wunsch, wieder traditionell in der Duschkabine nach dem Spiel aufzutauchen, konnte nicht entsprochen werden. Aber sie hält eine Rede vor der Mannschaft.
Zuerst erklärt sie Jogis Buben die Taktik. Am Ende will sie verraten, in welcher Währung die EM-Prämie ausgezahlt wird. Zum Finale in Kiew will sie übrigens nur anreisen, wenn sie neben Löw sitzen darf. Denn der ukrainische Präsident ist ihr angeblich so sympathisch wie Joachim Gauck.

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