Kolumnen

Von Säulen ist jetzt auf einmal die Rede bei der Pandemiebekämpfung. Eine Säule – die steht für Stabilität und Unverrückbarkeit. Und so passt sie auch zur Bundesregierung. Denn die GroKo zeigt sich in einem höchst dynamischen Virenszenario als unbeweglich und stehen geblieben. Und hie und da auch mal im Seitwärtsgang. Nach über einem Jahr Seuche flirtet die Kanzlerin jetzt ernsthaft mit der Frage, ob eine Teststrategie vielleicht doch nicht so schlecht wäre. Mögen die Kritiker entsetzt sein und das als Lethargie brandmarken – für Merkel-Verhältnisse ist ihr „Vorpreschen“ schon eher hyperaktiv. Die Union rechnet nämlich damit, dass eine Vielzahl ihrer Wähler sich die gute alte Zeit zurückwünscht. Und diese Epoche war eben eher subjektiv beschaulich statt objektiv in permanenter Unruhe. Außerdem ist Stillstand der ärgste Feind der Aerosole. Wo sich gar nichts mehr rührt, verrecken diese fiesen Luftteilchen elendig. Sollten Aerosole nicht bald ihren freiwilligen Rückzug ankündigen, bleibt der Politik immer noch der ultimative Vorschlaghammer der Demokratie: Die Einstufung als Verdachtsfall durch den Verfassungsschutz. Das ist immer noch billiger als zum Beispiel zeitig zu beginnen, Schulen fit für den Online-Unterricht zu machen. Jetzt aber bekommen Schulen und demnächst auch Geschäfte ordentliche Säulen. Damit ist sichergestellt, dass nur die Netzwerke und Umsätze, aber nicht die Gebäude zusammenbrechen.

Die Covid-Mutationen überlegen währenddessen, die Bundesregierung zu verklagen. Denn zu den Säulen gehören auch Lockerungen. Just zu einer Zeit, in der die Mutationen sich vom Ur-Corona emanzipieren! Lässt die Koalition die Mutationen echt links liegen? Ist der Slogan „Alle Viren sind gleich“ womöglich nur naive Augenwischerei? Rufe nach Covid-Gleichstellungsbeauftragten werden immer lauter. Das spielt dem Gesundheitsminister in die Karten. Spahn hofft, dass die Mutationen in den Generalstreik treten. Deshalb lässt er die Impferei und Testerei so schleifen. Schlimmer kann man die Neo-Covids nicht provozieren. Dass die Leute wieder zum Friseur gehen können, nehmen die Viren noch hin. Dass neben den Friseuren auch Bücherläden wieder öffnen, ist schlicht unerträglich. Die Viren fühlen sich zu primitiven Bakterien degradiert. Viele Menschen kaufen sich jetzt erstmals in ihrem Leben ein Buch. Nur um den Viren eins auszuwischen. Und falls wer keine Säule brauchen kann: Merkel bietet auch mehrere Stufen an.