06.08.2012
Der Standardpolitiker: Ohne Plan, aber mit Spass dabei
Kolumne im Donaukurier vom 03. August 2012

Das Politikerdasein in letzter Zeit war nicht allzu angenehm. Die Volksvertreter standen enorm unter Druck, weil das uneinsichtige Volk praktikable Lösungen erwartete. Warum? Weil das Volk traditionell keine Ahnung hat und diese Ahnungslosigkeit gerne an die Politik weiterdelegiert. Es wird auch viel zu oft vergessen, dass ja die meisten Volksvertreter selber aus dem Volk sind. Diverse Guttenbergs, die aus irgendwelchen Sagen und Legenden heraus den Weg in die Realität gefunden haben, sind nach wie vor die große Ausnahme. Der Standardpolitiker ist eher Marke Rösler: Planlos und Spaß dabei.
Jüngste Umfragen allerdings lassen erkennen, dass Volk und Politik sich wieder sachte einander annähern. So traut es beispielsweise eine satte Mehrheit der Bürger keiner einzigen Partei zu, die Finanzmärkte zu regulieren. Das klingt jetzt furchtbar depressiv. Doch das Gegenteil ist der Fall. Denn die Zustimmungswerte für die Regierung sind gestiegen. Was auf den ersten Blick schizophren wirkt, ist letzten Endes nur der Beleg, dass die Bürger lernfähig sind. Sie haben begriffen, dass Regierungspolitiker in ihren Ämtern sind, gerade weil sie nicht alles begreifen. Sonst hätten sie sich all diesen Zirkus verständlicherweise nie und nimmer angetan. Politiker sind ja nicht blöd.

Von daher ist es auch verständlich, dass eine große Mehrheit sich wieder eine große Koalition wünscht. Der Bürger will quasi die politische Ohnmacht frei von ideologischen Zwängen genießen. Das wiederum macht es sowohl für die Union als auch für die SPD einfacher.
Man sitzt gemeinsam am Tisch und fragt sich nicht mehr, wer die Suppe auslöffeln soll, sondern was es als Nachspeise gibt.

Die FDP erreicht übrigens gefühlt erstmals seit Erfindung der Glühbirne wieder fünf Prozent bei der Sonntagsfrage. Das beweist, dass der deutsche Wähler sich nicht nur durch Leidensfähigkeit, sondern vor allem durch Humor auszeichnet. Das wird auch immer wichtiger. Denn sofern nicht gravierende tektonische Verschiebungen relativ zeitnah geschehen, wird Deutschland in Europa bleiben. Das ist genau dieser Kontinent, wo seit geraumer Zeit eine sehr sympathische Entbürokratisierung passiert. Es gibt keine Regeln mehr. Und auf EU-Verträge wird gepfiffen. Wer Geld braucht, holt es sich bei der EZB. Denn der Mensch lebt nicht, um zu arbeiten. Der Mensch lebt, um Europäer zu sein. Wer das nicht einsehen will, soll in Griechenland Urlaub machen. Oder FDP wählen.

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