09.12.2016
CDU-Parteitag: Streich mit der versteckten Kamera?
Kolumnne im Donaukurier vom 09. Dezember 2016
Blankes Erstaunen bei der CSU nach dem CDU-Parteitag! Da mag Horst Seehofer sicherheitshalber sich nochmal erkundigt haben, ob das nicht ein Streich mit der versteckten Kamera war, um ihn zu foppen.  
Zuzutrauen wäre das Angela Merkel allemal. Wer einen Seehofer schon mal drei Monate warten lässt, um seinen Brief zu beantworten, greift gern zu fieseren Tricks. Aber die Merkel, die auf dem Parteitag zu beobachten war, sah zwar aus wie Merkel. War aber alles andere als die Merkel, die der geneigte Beobachter in den letzten 15 Monaten wahrnehmen durfte. Sie präsentierte jedenfalls diese Woche ein Gedankengut, als hätte sie einen CSU-Wunschzettel sich zu eigen gemacht. Da räumt sie einfach mal all die liberalen Positionen, für die sie von Seehofer unter Beschuss genommen wurde in der nahen Vergangenheit. Vor allem solle und dürfe es nie wieder zu einer Situation kommen wie im September 2015, hat die Kanzlerin betont.  
Irgendwie scheint Angela Merkel mächtig sauer zu sein auf jene ominöse Person, die seinerzeit das berühmte Wir schaffen das in die Welt setzte. Auf ihrer Parteitagsrede erweckte sie den Eindruck, als würde sie jener Wir-schaffen-das-Botschafterin am liebsten an die Gurgel gehen oder zumindest eine Weile in Ordnungshaft bringen wollen.
Vielleicht kommt diese 180- oder gar 190-Grad-Wende aber auch, weil etwas in der CDU aufgetaucht ist, was längst verloren oder verkauft schien:
Ein solider Konservatismus. Damit konnte und wollte Merkel eigentlich nie was anfangen. Was aber nicht ihr anzulasten ist. Denn schließlich präsentierte sich die Partei ihr eigentlich immer nur als Kanzlerwahlverein. Da ist es eine ganz normale und menschliche Reaktion, dass Merkel irgendwann diesen opportunistischen Haufen nicht mehr für voll nehmen wollte. Doch aus Mut wurde bei der CDU jetzt rasch Übermut. Kaum hatte Merkel ihren Getreuen quasi versprochen, dass Flüchtlinge hierzulande nicht mehr viel zu lachen haben würden in Zukunft, drehte die Junge Union auf: der Doppelpass für Türken sollte rückabgewickelt werden. Das hat natürlich in erster Linie statistische Gründe. Denn ein Türke, der Deutscher wird, aber Türke bleibt, sorgt schließlich dafür, dass die Anzahl der Türken unterm Strich ja doch nicht sinkt. Vielleicht findet sich ja noch ein Kompromiss. Eventuell kann man ja Flüchtlingen, die sich kompatibel zeigen, als Zuckerl den türkischen Pass anbieten. Und eine Probemitgliedschaft in der Jungen Union.
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