26.03.2021 13:00
AstraZeneca - flexibel wie noch nie 
Kolumne im Donaukurier vom 01.04.2021

Einmal mehr beweist sich der bayerische Ministerpräsident als Inbegriff des Mutigen. Und so tat Markus Söder diese Woche kund: Wer sich traue, solle sich mit AstraZeneca impfen lassen. Sollten diesem Aufruf viele folgen, würde sich Deutschland auf der Mutskala nach oben schießen. Die fachliche Bewertung von AstraZeneca ist seit Wochen eher ambivalent. Aber das läuft in der Bundesregierung unter künstlerischer Freiheit. Die einzige Feststellung, die als unumstößlich gelten darf, lautet: An einem Impfstoff gegen AstraZeneca wird definitiv nicht gearbeitet. Alles andere ist geprägt von einer fröhlichen Flexibilität. Schließlich steht über allem der Grundsatz der Gleichbehandlung. Erst hieß es ja, dass Ältere nicht mit diesem Stoff geimpft werden sollen. Nutznießer wären also die Jüngeren gewesen. Wozu so eine Ausschließeritis führt in Zeiten der politischen Überkorrektheit, war abzusehen. Nicht umsonst haben rüstige Senioren demographisch die Lufthoheit hierzulande. Also musste die Politik auf diesen enormen Druck reagieren und AstraZeneca anders verteilen. Jetzt lautet die Devise „AstraZeneca nur an Ältere“. Auch das darf als temporäre Regelung gelten. Denn jetzt kommen ja die Osterfeiertage mit viel zwischenmenschlichem Miteinander. Die Tendenz für die Inzidenzwerte dürfte klar sein. Um diesen Trend zusätzlich zu verstärken, wird an den Feiertagen auch nicht geimpft. Weil schlicht und ergreifend es an Impfstoff mangelt. Dadurch wird auch Merkels ursprünglich geplante Osterruhe begreifbarer: Je mehr Tage es gibt, an denen nicht geimpft wird, umso besser wird die Lethargie der Regierung bei der Impfstoffbeschaffung verschleiert. Woanders nennt man so was „Schuss in den Ofen“. In Germany nennt sich so was Richtlinienkompetenz. Um mal diesen Begriff auseinanderzupflücken: Von Kompetenz ist bei Merkel, Spahn & Co. schon lange nicht mehr die Rede. Linien waren von Anfang an nicht ersichtlich. Und richten sollen es nun halt Mutige, die sich aus Verzweiflung AstraZeneca verabreichen lassen. Wie es weitergeht? Ganz einfach: Nach Ostern darf AstraZeneca nur an Selbständige kurz vor der Insolvenz ausgegeben werden. Vor Pfingsten nur an Leute im Niedriglohnsektor. Und je nach Einkommensklasse geht es danach weiter von unten nach oben. Und für die Bundesregierung geht sowieso es weiter - nach unten. Wenigstens da bleibt die Kanzlerin eisern auf Kurs. Am Ende geht es nur noch ums Prinzip. Lösungen werden eh überschätzt.

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