19.02.2021 09:13
Aschermittwoch mit Pappkameraden
Kolumne im Donaukurier vom 19.02.2021

Es waren tatsächlich Pappkameraden, die da beim Politischen Aschermittwoch der CSU das Publikum bildeten! Schlimm genug. Eigentlich. Aber noch schlimmer war die verheerende Botschaft, die diese Kartonagen aussendeten. Kein einziger dieser sorgsam ausgewählten Zuschauer hatte nämlich eine FFP2-Maske auf. Von einer ordentlichen Maß Bier und einer Fischsemmel zur Stärkung der zweidimensionalen CSU-Fans ganz zu schweigen. Diese Veranstaltung fühlte sich ein bisschen an wie das 3-3 des FC Bayern gegen Bielefeld: Ein öder Montagabend, Schnee auf dem Rasen, im Kopf große Herausforderungen auf europäischer Ebene. Und ein Gegner, der es eh nur auf die edlen Bayern-Schienbeine abgesehen hat. Alle Beteiligten wussten, dass es eher ein zähes Gewürge als eine adrenalinhaltige Machtdemonstration wird. Aber man muss sich eben durchquälen. Vorteil FC Bayern: Kurz davor hat der Rekordmeister auch noch die Klub-WM gewonnen. Dem CSU-Chef ist dieses Jahr noch kein zählbarer Triumph gelungen. Die Bundestagswahl ist ja erst im Herbst. Und bislang gibt es in Vizekanzler Scholz auch nur einen echten Kanzlerkandidaten. Da mag ein Söder unterbewusst geneigt sein, im Finanzminister auch nur einen Pappkameraden zu sehen. So einen packt Söder locker – da reicht ein bisschen virtuelle Aschermittwoch-Simulation. Bei Scholz hingegen ist es egal, ob er ein Publikum aus Fleisch und Blut oder aus Styropor hat. Sein feuriger Pathos erinnert immer an einen Innenrevisor einer mittelgroßem Kreissparkasse. Also versuchte Söder, einfach das Beste zu machen aus den widrigen Bedingungen. Er sah die Veranstaltung nicht als Dampfhammer-Event, sondern funktionierte sie um zu einem Telekolleg in Komödienstadel-Kulisse. Dazu noch eine saubere Brotzeit. Dem TV-Publikum wurde suggeriert: Hier sitzt einer, der alles im Griff hat – und Hunger. Insgeheim wartete man immer auf Alfons Schuhbeck als Sidekick, dem Söder die Frage stellt, welche Gewürze er dem Parteichef für den Wahlkampf empfehlen würde. Und als der Ministerpräsident auch noch halb-pastoral erklärte, nur mit Merkel-Politik bei der Wahl auch tatsächlich die Merkel-Stimmen gewinnen zu können, war es endgültig geschehen: Ein Viertel der Pappkameraden verließ den Saal. Ein Drittel war längst eingeschlafen und schnarchte sanft dahin. Der traurige Rest fragte sich: Wer ist denn dieser Laschet? Und wer hat den auf die Bühne gelassen? Und seit wann gibt es hochdeutsch sprechende Pappkameraden?

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