01.04.2016
Altes europäisches Spiel: Wer nimmt wen auf den Arm?
Kolumne im Donaukurier vom 01. April 2016
Vordergründig geht es in Europa derzeit wieder mal um die Frage: Wer nimmt wen auf? Auf den zweiten Blick aber erkennt der präzise Beobachter, dass es eigentlich nur um das alte europäische Spiel geht:  
Wer nimmt wen auf den Arm? Und wer nimmt was auf die leichte Schulter?  
Und wer klopft wem auf die Schulter, weil er eigene Lasten souverän ins Nachbarland verschiebt und der Nachbar schauen soll, wo er bleibt?  
Und wer bleibt letzten Endes auf der Strecke: Die neuen Gäste oder die Gastgeber? Oder getreu dem europäischen Geist doch lieber alle zusammen, weil das auch eine Art Solidarität wäre?
Der Flüchtling, der sich auf die EU verlässt, kommt sich ziemlich verlassen vor. Also setzt er seine große Hoffnung auf den Schleuser.  
Der Schleuser hat gegenüber der Politik den Vorteil, dass er international vernetzt ist und sich auf sein Netzwerk verlassen kann.  
Dadurch kann er solide Angebote machen und auch entsprechend liefern.  
Gegebenenfalls kann er auch schnell und hocheffizient auf Veränderungen reagieren. Kaum ist die Balkanroute dicht und die in Westeuropa ankommende Zahl von beispielsweise Syrern und Afghanen gering, präsentiert der Schleuser ein Alternativprogramm aus Afrika. Und bis man sich verschaut, ist Italien das neue Griechenland.  
Nicht umsonst hat Deutschland diese Woche Italien im Fußball deutlich besiegt, um den Italienern den Ernst der Lage zu verdeutlichen.  
Österreich hingegen ist das wahre Bollwerk in Europa. Denn die Austrianer sorgen dank Grenzabdichtung dafür, dass das deutsche Volk nicht mehr ganz so stark die Nebenwirkungen der deutschen Kanzlerin ausbaden muss. Österreich hat übrigens als Zeichen guten Willens ein Heimspiel gegen die Türkei ausgetragen am Dienstag. Und trotz Führung noch verloren. Damit sollte die Türkei milde gestimmt werden, wenn sie schon in Sachen Flüchtlingspolitik am längeren Hebel sitzt gegenüber der EU. Denn sportliche Erfolge waren immer schon eine brauchbare Währung auf dem großpolitischen Parkett. Österreich bot als Gastgeber sogar ein ganz besonderes Zuckerl: Nicht nur im Tor der Türken, sondern auch im Tor der Österreicher stand ein Türke. Zwar nicht ein und derselbe. Aber immerhin hatte das eine symbolische Bedeutung. Vor allem weil der Türke im Austria-Tor den Siegtreffer der Türken eingeleitet hat mit einem souveränen Fehlpass. So wurde der ganzen Welt deutlich gemacht: Wer oder was reingelassen wird, entscheidet letzten Endes immer ein Türke.
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