donaukurier
Watschn, Weichteile und Wellness
Kolumne im Donaukurier, in der Mittelbayerischen Zeitung und der Passauer Neuen Presse vom 04.07.2025
Es hagelt wieder Watschn in der Politik. Zum Glück nur im übertragenen Sinne. Aber zum Unglück der Parteichefs Merz und Klingbeil. Hier hilft nicht mal mehr das Motto „Rette sich, wer kann“ weiter. Denn der CDU-Boss und der SPD-Oberguru müssen sich täglich gegenseitig retten, wenn die Koalition das folgende Wochenende überleben will. Das wird von siebengescheiten Kommentatoren gnadenlos kritisiert. Aber vom Zwischenmenschlichen her ist das eine optimale Ausgangsbasis, um die Zeit bis zu den Neuwahlen zu überbrücken. Hört man sich nämlich in der Union und in der SPD um, ist ein gewaltiges Rumoren an der Basis zu vernehmen. Dass es auch weiter oben rummst, durfte Lars Klingbeil am Parteitag am eigenen Leib verspüren. Satte 65 Prozent ohne Gegenkandidaten – dagegen ist ein Tritt in die Weichteile die reinste Wellness-Maßnahme. Da hilft es Klingbeil auch nix, dass er beim FC Bayern München im Verwaltungsbeirat sitzt. Der Rekordmeister kopiert mittlerweile bei Transfers (Wirtz!) bekanntlich auch schon die Strategie der schwarzroten Mini-Koalition: Erst kommt die frohe Ankündigung mit der Selbstgewissheit eines Gorillas, der sein Revier gegen einen Feldhamster verteidigen muss. Dann folgen Wochen der lustigen Durchstechereien an die Medien. Nur um dann auf die Schnauze zu fliegen wie Olaf Scholz weiland beim Joggen (in Echt) und beim Regieren (im Amt).
Dass jetzt Friedrich Merz seiner CDU klarmachen muss, wieso er zentrale Versprechen (Stromsteuer runter!) bricht, um einem SPD-Finanzminister das politische Leben zu retten, passt da wunderbar rein. Sich ins eigene Knie schießen, damit der ausgezehrte Mitläufer auf Augenhöhe bleibt – das hätte die Unionswählerschaft nicht für möglich gehalten. Die Grünen reiben sich währenddessen die Augen und müssen völlig baff erkennen: Mensch, es braucht gar keine FDP, um eine Bundesregierung zu einer Mixtur aus Schulhofkeilerei und mimosenhaftem Nörgelkongress zu degradieren! Daraus ergibt sich eine beruhigende Erkenntnis: Der Koalitionsvertrag ist in etwa so seriös wie ein Businessplan von René Benko. Und es geht nie ums Regieren, sondern ums politische Überleben. Soll heißen: Wenn beim CDU-Parteitag Merzens Fritz abgestraft wird, darf Klingbeil irgendeine SPD-Kernforderung über Bord werfen. Und immerhin wird Gas billiger. Da freuen sich wenigstens die Wärmepumpen-Allergiker.