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Swiftisierte US-Wahl
Kolumne im Donaukurier, in der Mittelbayerischen Zeitung und der Passauer Neuen Presse vom 14.09.2024
Die Präsidentschaftswahl in Amerika ist quasi entschieden. Und das hat gar nichts mit Donald Trumps Behauptung zu tun, Flüchtlinge aus Haiti würden in Ohio amerikanische Haustiere zu Hauptgerichten verarbeiten. Zur Ehrenrettung Haitis sei erwähnt: Kommunale Politiker in Ohio haben diese Vorwürfe als definitiv unzutreffend bezeichnet. Das Pech von Trump ist nicht irgendein doch nicht verspeister Rottweiler oder Dobermann, sondern die Pop-Ikone Taylor Swift. Die Dame hat jetzt nämlich beschlossen: Kamila Harris wird Präsidentin von Amerika. Gut, sie hat nur ihre Unterstützung für Harris via Instagram verkündet. Aber das hat die gleiche Wirkung wie ein notariell beurkundeter Befehl. Denn Swift hat gefühlt allein in Amerika mehr Follower als es auf dem Planeten Erde überhaupt Menschen gibt. Millionen von US-Bürgern (eigentlich fast nur US-Bürgerinnen) machten sich sogar im Sommer auf den Weg nach Gelsenkirchen, um ihrer Heldin die Aufwartung zu machen. Wie viele Gelsenkirchnerinnen würden sich beispielsweise ein Ticket für Die Amigos in Kentucky oder Arizona kaufen? Was Taylor sagt, singt oder postet, ist einfach Gesetz. So hohe Zustimmungswerte in Deutschland hat höchstens noch Angela Merkel im rot-grünen Lager.
Und daraus ergibt sich logischerweise die Frage: Welche Entertainmentgrößen können hierzulande Regierung und Opposition vor den politischen Karren spannen, um daraus Kapital bei der Bundestagswahl zu schlagen? Generationenübergreifend viele Fans hätten die Toten Hosen. Aber der Bandname würde eher die allgemeine Meinung über die Ampelkoalition bestätigen. Ähnlich großer Beliebtheit erfreuen sich seit Jahrzehnten Die Ärzte. Leider würde auch dieser Name als Bestätigung des komatösen Zustands von Rot-Grün-Gelb gewertet. Bei Helene Fischer dürfte der Geburtsort Krasnojarsk eine Steilvorlage für Verschwörungstheoretiker aller Colour sein. Und ihre letzte Single trägt den Titel „Wenn alles durchdreht“. Das gibt zwar den Umgang der Koalitionäre untereinander gut wieder. Aber der Wiederwahl von Olaf Scholz wird so was kaum Tür und Tor öffnen. CDU-Chef Friedrich Merz könnte auf einen Patrioten wie Heino zurückgreifen. Heino wünscht sich aber keinen Merz als Kanzler, sondern einen deutschen Trump. Also bitte nicht wundern, falls Merz demnächst mit einer rotblond-schlechtsitzenden Perücke aufkreuzt.