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Scholz, der Tiktoker
Kolumne im Donaukurier, in der Mittelbayerischen Zeitung und der Passauer Neuen Presse vom 12.04.2024
Sollte Olaf Scholz im Herbst nächsten Jahres als Kanzler wiedergewählt werden, dürfte die Grundlage des Erfolgs klar sein: Sein grandioser Start auf Tiktok! Auf dieser Plattform wird gerne getanzt, gesungen und gescherzt. Manche bringen es sogar zu Weltruhm, weil sie einfach nur Aufzug fahren oder gar im Aufzug tanzen, singen oder scherzen. Entertainment im Allgemeinen und Humor im Besonderen sind bislang nicht als Stärken des Kanzlers aufgefallen. Aber was noch nicht ist, kann ja noch werden. Gerade weil Tiktok eben eine App ist, die bei der Jugend dieser Welt äußerst beliebt ist. Wenn es um die Erschließung neuer Fans und/oder Wählerschichten geht, ist es also durchaus nachvollziehbar, wenn auch ein deutscher Kanzler sich auf dieses Feld begibt. Dementsprechend war auch die ganze Welt gespannt, mit welcher Art Einlage sich Scholz bei seiner Premiere feiern lassen will. Und siehe da: Sein Einstieg in die Welt der gediegenen Unterhalter hat famos funktioniert. Denn wie es sich für Tiktok gehört, setzt auch der Kanzler in seinem Debütwerk den Schwerpunkt nicht auf Inhalte, sondern auf optische Reize: Er präsentiert seine Aktentasche. Es haben auch schon 1,5 Millionen Menschen dieses Machwerk angeschaut. Und selbst wenn da eine Million russische Chatbots darunter gewesen sein mögen, ist das der bombastischste Start auf Tiktok, den ein deutscher Politiker jemals hatte. Denn dass sich die zivilisierte Welt da draußen die Frage stellt, ob der deutsche Kanzler eine Aktentasche hat, ist hochbrisant. Die Existenz dieser Tasche ist jedenfalls der Beweis: Dieser Mann beschäftigt sich eindeutig mit Akten. Und zwecks Beweis zieht er tatsächlich mit triumphalen Grinsen einige Akten raus.
Kritiker des Kanzlers mögen auf fehlende Inhalte verweisen und auf den infantilen Charakter der ganzen Darbietung. Das ist aber nicht Scholz´ Problem, sondern das der Kritiker. Denn Tiktok ist bekanntlich eine chinesische App. Und die chinesische Regierung stuft dieses Instrument irgendwo zwischen unterdurchschnittlich sinnvoll und hochgradig schwachsinnig ein. Deshalb sind in China auch nur täglich 40 Minuten Tiktok erlaubt. Weil nämlich die App das menschliche Hirn auf Dauer in den Leerlauf versetzt. Wobei es für zerebralen Leerlauf eigentlich gar keine Apps braucht. Es reicht, sich eine Regierungserklärung von Scholz anzuhören.