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SPD – jetzt powered by CDU!

Kolumne im Donaukurier, in der Mittelbayerischen Zeitung und der Passauer Neuen Presse vom 07.03.2025

Fastenzeit bedeutet Verzicht. Dem eigenen Wohlbefinden besonders zuträglich ist Verzicht zugunsten von mehr Freizeit und/oder Zeit für die Familie. Diesbezüglich hat Noch-Außenministerin Baerbock eine sehr gute Figur abgegeben. Denn die passionierte Vielfliegerin will sich vor allem den eigenen Töchtern mehr widmen. Verzichten muss sie dann auf die eigene Visagistin und all die Maschinen der Flugbereitschaft, die ihr rund um die Uhr nur noch paar Wochen bis zur Regierungsbildung zur Verfügung stehen. Wobei andererseits schon die Frage im Raum steht: Wer vermag es schon zu wissen, ob und wann Deutschland eine neue Regierung kriegt? Vielleicht muss sich Frau Baerbock das Verzichten sogar wieder abtrainieren, wenn gar nichts zusammengeht im politischen Berlin. Denn die Vorzeichen für die Wahlsiegerinnen CDU/CSU stehen alles andere als rosig. Eigentlich ahnen die Ersten in der Union längst, dass sie das Verzichten noch gröber und vor allem viel eher treffen könnte als die Außenministerin. Soll heißen: Wenn es richtig blöd läuft, hat die Union die Wahl gewonnen und darf dafür die Macht an die große Wahlverliererin SPD abtreten. Ist das jetzt eine große Überraschung? Nein, denn die Geschichte lehrt: Wenn es darum geht, die CDU über den Tisch zu ziehen, macht der SPD niemand was vor. Die komplette Merkel-Ära gilt nicht nur unter Scholz-Fans als sozialdemokratische Epoche. Angela Merkel war immer sehr erfolgreich darin, das eigene Lager zu neutralisieren und nebenbei den SPD-Wunschzettel ziemlich eins zu eins umzusetzen.
Konservative mögen da geschäumt haben vor Wut – aber wenn es zu Wahlsiegen geführt hat, heiligt der Zweck die Mittel. Warum dann die Wahlschlappe der SPD im Herbst? Analysten sind sich sicher: Man traut der CDU einfach eher zu, SPD-Positionen durchzusetzen. Während SPD-Spitzenkräfte wie Esken, Faeser oder Lauterbach durch wirre Einlassungen oder gar Taten die Volksseele angenehm erheitern – wenn auch unfreiwillig. Daher hat die Union in den letzten Tagen nichts und die SPD so ziemlich alles aus dem Wahlprogramm einbringen können: Statt Einsparungen gibt es gigantische Sondervermögen. Und die Grenzen bleiben sperrangelweit offen. Als Wahlsiegerin hätte die SPD da weitaus unangenehmere Kompromisse machen müssen. Die Lehre daraus? Wahlsiege sind nicht nur überbewertet, sondern sogar falsch bewertet.