Kolumnen

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Privates nur dienstlich

Kolumne im Donaukurier, in der Mittelbayerischen Zeitung und der Passauer Neuen Presse vom 30.05.2025

Wer im richtigen Moment ein verstörendes Bild auf den sozialen Medien raushaut, darf sich fast schon als Berühmtheit fühlen. Das ist natürlich eine Binsenweisheit in Zeiten, in denen seriöse wie unseriöse Medien im Minutentakt irgendwas raushauen müssen. Und kurz danach muss auch schon ein Kommentar zum eben Rausgehauenen folgen. Wer eine Viertelstunde nix publiziert, gilt schon als insolvenzgefährdet. Oder es war wieder mal was mit dem Server. Genau diese Mechanismen hat diese Woche die Chefin der Grünen Jugend Jette Nietzard (nicht zum ersten Mal) vorzüglich genutzt. Weil sie natürlich weiß: Pauschaler Hass auf einen Berufsstand (in dem Fall Polizei) macht sich prächtig in der Medienwelt. Und die junge Dame mag einfach gerne auffallen und ist ja auch deshalb Vorsitzende der jungen Grünen. So weit, so langweilig. Aber statt jetzt mächtig sauer zu sein auf diese Pseudo-Schockerin, sollte die Gesellschaft eher darauf schauen, was man von ihr lernen kann. Die GJ-Vorsitzende unterscheidet nämlich streng zwischen privatem und dienstlichem Pullover. Wenn ein menschenverachtender Spruch auf dem privaten Pulli prangt, ist das ihrer Ansicht nach völlig in Ordnung. Selbiges auf dem Dienstpulli wäre hingegen absolut frevelhaft.
Um im öffentlichen Diskurs mit steilen und/oder hasserfüllten Thesen glänzen zu können, sollte also erst mal der eigene Kleiderschrank streng geordnet werden. Noch besser wären zwei Kleiderschränke für Dienst- und Privatklamotten. Sonst läuft man Gefahr, sich um Kopf und Kragen zu reden. Nur weil man nicht sich nicht mehr sicher ist, ob das Outfit des Tages privat oder dienstlich ist. Für offizielle Medien bedeutet das natürlich: Vor einem Interview mit Frau Nietzard sollte unbedingt abgeklärt werden, ob sie auch wirklich privat gekleidet ist. Nur dann sind nämlich hanebüchene Entgleisungen zu erwarten, woraus sich ein reichweitenstarker Artikel basteln lässt. Wer sie allerdings einfach privat in angenehmer Atmosphäre erleben will, sollte sie nur in Dienstkleidung antreffen. Alles in allem ist über diese Jungpolitikerin festzuhalten: Es ist lobenswert, welche klare Struktur sie ihrer doppelten Persönlichkeit in so jungen Jahren verpasst hat. Ein gut dotierter Topjob bei den Grünen dürfte nur eine Frage der Zeit sein. Die Grünenspitze sollte ihr vorher nur alle privaten Pullover konfiszieren.