donaukurier
Per Los geht´s los!
In einigen Jahrzehnten wird das als Schlüsselmoment der Menschheitsgeschichte gelten: Der Tag, an dem die Bundesregierung das Losverfahren als Krönung der Demokratie entdeckt hat! Fachleute sind sich einig: Nachwuchs für die Bundeswehr per Los zu rekrutieren ist Gerechtigkeit pur. Aber das kann nur der Anfang sein. Wenn die Kasernen erst mal voll sind mit glücklich Ausgelosten, muss das Konzept natürlich weiter durchgezogen werden. Wer an welcher Waffe ausgebildet wird, muss auch das Los entscheiden. Angesichts der schwerfälligen Beschaffungsbürokratie wird zwangsläufig auch die Frage auftauchen: Wer kriegt ein echtes Gewehr? Wer kriegt ein funktionierendes Gewehr? Und wer muss sein Spielzeuggewehr von daheim mitbringen, um nicht als unfreiwilliger Pazifist dazustehen?
Auf die politischen Prozesse dürfte das Lottokonzept erdbebenartige Auswirkungen haben. Glaubt man unseriösen Umfragen, ist das deutsche Volk seit Jahrzehnten nicht mehr allzu begeistert von der jeweiligen Bundesregierung. Wenn Wahlen also nicht das gewünschte Resultat bringen: Wieso werden nicht im ersten Wahlgang die Siegerparteien ausgelost und im zweiten Wahlgang dann aus den jeweiligen Parteien die Kabinettsmitglieder? Da niemand mehr sich an die Wahlurne bequemen müsste, wären dem Wahlergebnis gefühlt 100 Prozent Wahlbeteiligung vorausgegangen. Für die Stimmung unter den Wahlberechtigten wäre das von immensem Vorteil. Schließlich fiele dann auch der Nach-Wahl-Frust, der sich jetzt auch wieder wie dichter Herbstnebel über das Land gelegt hat, weg. Ebenso können die vom Zufall Gewählten und Gewähltinnen ihr Mandat wesentlich freier ausüben. Denn die üblicherweise oft gestellte Frage „Für was haben wir euch eigentlich gewählt?“ von genervten Passanten auf der Straße gehört dann auch der Vergangenheit an.
Aber noch ist das Zukunftsmusik. Bekanntlich haben sich Union und SPD bei der Frage der Wehrpflicht kurz nach der Einigung zerstritten. Und die ohnehin sehr unbeliebte SPD lässt ihren sehr beliebten Verteidigungsminister Pistorius öffentlich im Stich. Und die Union steht wieder da als Wahlsiegerin, die nichts auf die Kette bekommt. Wenn sich die nächste Bundesregierung an das Thema Bundeswehrlotterie heranmacht, muss klar sein: Wenn sich die Parteien nicht einig werden, entscheidet das Los. Und wer Lotto spielt, muss nicht zur Bundeswehr.