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Olaf Scholz – der (un)heimliche Sieger

Kolumne im Donaukurier, in der Mittelbayerischen Zeitung und der Passauer Neuen Presse vom 30.08.2024

Es war die Frage aller Fragen vor der Landtagswahl in Sachsen und Thüringen: Muss Kanzler Scholz seinen Kurs ändern? Schon am Wahlabend war aber klar: Scholz muss gar nichts – und sich ändern schon gar nicht. Wer sich jedoch schleunigst ändern muss, ist die Wählerschaft. Da sind sich SPD-Chefin Esken und Generalsekretär Kühnert einig. Nach deren Ansicht ist die Wählerschaft nämlich bislang nicht in der Lage, die Politik der SPD und des Kanzlers zu begreifen. Das sind natürlich ums Eck knallharte Fragen an die Wahlleiter: Wie kann man Leute wählen lassen, die sich schon in den Umfragen zur Wahl begriffsstutzig zeigen? Wieso werden Menschen, die keine der Ampelparteien wählen wollen, in die Wahllokale reingelassen? Und warum gilt für die SPD die Fünf-Prozent-Hürde, wenn die Partei doch den Kanzler stellt? Jene Hürde hat die SPD übrigens in beiden Bundesländern mit Bravour genommen. Wie auch die Ampelkoalition generell die Erwartungen der Wahlforscher weit übertroffen hat. In Sachsen über 13 und in Thüringen über zehn Prozent – das ist ein Pfund, mit dem die Bundesregierung wuchern kann. Also im Schnitt pro Partei mehr als vier beziehungsweise drei Prozent. Statistisch gesehen bedeutet das eindeutig: Die SPD ist die Lokomotive der Ampel. Und wäre die Wählerschaft nicht so schwer von Begriff, wäre die Wiederwahl von Scholz und der Dreierkoalition längst in trockenen Tüchern.
Worüber sich Scholz besonders freuen dürfte: In Thüringen ist die SPD mit ihren sechs Prozent doppelt so stark wie die Grünen mit drei Prozent. Da dürfen sich die Sozis allerdings auch bei Frau Göring-Eckardt bedanken. Die Vorzeige-Grüne wollte nämlich aus dem Wahlkampf einen Kulturkampf machen. Hatte sie doch in den sozialen Medien glatt behauptet, die politische Konkurrenz wolle Florian Silbereisen beim MDR aus dem Verkehr ziehen. Die Thüringer, die nicht auf den Kopf gefallen sind, durchschauten dieses Manöver natürlich schnell. Denn der Kollege Silbereisen stand nirgendwo zur Wahl. Im Gegenteil: Als Traumschiffkapitän, der in seiner kargen Freizeit auch noch Volksmusiksendungen macht, ist er mehr als ausgebucht. Mit seinen Sympathiewerten wäre er sonst sowieso schon längst Kanzler. Seine Texte kommen seit Jahren gut an. Und wer mal auf dem Traumschiff unterwegs war, wird bestätigen: Seriöser als ein Kühnert ist ein Silbereisen allemal.