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Oktoberfest – das wahre Fest zur Einheit
Kolumne im Donaukurier, in der Mittelbayerischen Zeitung und der Passauer Neuen Presse vom 04.10.2024
Bundespräsident Steinmeier wird am Tag der Deutschen Einheit wieder passende Worte finden. Er findet immer passende Worte. So dass die Zuhörerschaft beim Lauschen irgendwann nicht mehr weiß, ob der Anlass der Rede ein Feiertag, eine Supermarkteröffnung oder das vorzeitige Ausscheiden der Fußballnationalmannschaft bei einer WM ist. Das gehört zum Berufsbild eines Bundespräsidenten: Nicht anecken, aber so tun als könnten seine Worte ein Beitrag für ein erfolgreiches Miteinander sein.
Aus bayerischer Sicht ist daher eher von Belang, wie der Ministerpräsident die Dinge einordnet. Und siehe da: Markus Söder verbringt den 3. Oktober in Ägypten. Im Ausnutzen von Brückentagen will sich Söder scheinbar nichts nachsagen lassen. Ein langes Wochenende in der Sonne, noch dazu weit weg von den permanenten Hiobsbotschaften aus Berlin, wäre allen Bundesbürgern und -bürgerinnen zu empfehlen. Denn wenn sogar bei den Grünen die eigene Jugend fahnenflüchtig wird, macht der deutsche Alltag scheinbar wirklich keinen Spaß mehr. Nur: Wer auf seinen ökologischen Fußabdruck achtet, wird sich kaum für paar Tage Realitätsflucht in ein Flugzeug setzen.
Aber für ökologisch vernünftige Realitätsflucht gibt es ja das Oktoberfest. Diese Gelegenheit ergreifen wohl mehr Realitätsflüchtlinge denn je. Was da an neuen Rekorden vermeldet wird – eigentlich müsste die Bayerische Staatsregierung nicht wie sonst üblich Protestnoten, sondern Provisionsschecks an die Ampelkoalition schicken. Das Bruttosozialprodukt wird in absehbarer Zeit keine Jubelsprünge machen. Folglich braucht Bayern einen Plan B, der da nur lauten kann: Das Oktoberfest muss weiterentwickelt werden. Den Start auf Mitte August vorzuziehen, würde aufgrund der Sommerhitze den Getränkeabsatz pro Kopf sicher verdreifachen. Und in den Sommerferien würde die Münchner Stadtbevölkerung auf so manchen Trip an den Gardasee verzichten und stattdessen die Urlaubskasse auf der Theresienwiese erleichtern. Was wiederum noch mehr Norditaliener aufs Oktoberfest locken würde, weil sie ja dann nicht zu Hause den Münchner Ansturm bewältigen müssten. Überhaupt sollte mal ein Steinmeier die Rede zum Tag der Deutschen Einheit auf dem Oktoberfest halten. Und zwar nach zwei Maß Bier. Denn dann würde das Volk nicht nur das erfahren, was der Bundespräsident sagt. Sondern auch das, was er wirklich denkt.