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Nicht mit mir

Kolumne im Donaukurier, in der Mittelbayerischen Zeitung und der Passauer Neuen Presse vom 27.09.2024

Politik ist ein widersprüchliches Geschäft: Man wird für vier oder fünf Jahre gewählt, soll aber langfristige Entwicklungen auf den Weg bringen. Wer weitsichtig agiert, wird gerne hart kritisiert oder mit Häme überzogen. Exemplarisch sei Wirtschaftsminister Aiwanger erwähnt, der vor gut vier Jahren so ziemlich alle Wischmopps und -bezüge diesseits des Atlantiks aufgekauft hatte. Es war schließlich Pandemie. Das Volk hatte viel Freizeit und verbrachte diese in den eigenen vier Wänden. Dadurch gab es deutlich mehr stressfreie Gelegenheiten, das Heim sauber zu halten. Aber weil ein durchschnittlicher bayerischer Haushalt selbstverständlich Hygiene schätzt, hatte jeder die nötigen Utensilien eh schon in der Abstellkammer. Das sollte normalerweise auch ein Hubert Aiwanger wissen. Seine Gedanken waren scheinbar ganz andere. Als Kenner sämtlicher bayerischer Bauernregeln wusste er: Nach der Pandemie ist vor dem Hochwasser. Und wo zu viel Wasser, da hoher Wischbedarf. Dass die Wischbezüge jetzt nach Polen geliefert wurden, hat neben der karitativen auch eine politische Dimension. Denn die Polen sind auf die Alleingänge Deutschlands in Sachen Energie- und Migrationspolitik nicht gut zu sprechen. Umso besser, dass neben den Wischbezügen auch Matratzen und Decken mitgeschickt wurden in die polnischen Hochwassergebiete. Und zwar vom Gesundheitsministerium, das in CSU-Hand ist. Nicht nur, dass also Bayern was für die deutsch-polnische Nachbarschaft tut. Nach innen zeigt sich so: In Bayern arbeiten Regierungspartei und oppositionelle Regierungspartei notfalls Hand in Hand, wenn es darum geht, neue Speicherkapazitäten für Aiwanger zu schaffen. Woanders läuft das ganz anders.
In Brandenburg musste beispielsweise SPD-Mann Woidke dem SPD-Mann Scholz Hausverbot im Wahlkampf erteilen, um den Wahlsieg wahrscheinlicher zu machen. Olaf Scholz durfte nicht mal SPD-Fähnchen oder Wischbezüge mit SPD-Logo schicken. Das könnte aber auch eine neue Strategie sein: Die SPD verzichtet auf Scholz, um ihm den Wahlsieg zu ermöglichen. Zweierlei Plakate wären da hilfreich: Ohne Konterfei von Scholz und mit dem Slogan „Garantiert ohne Scholz“. Oder aber mit Konterfei von Scholz und dem Slogan „Nicht mit mir“. Das hätte Signalwirkung. Denn es dürften sich mehr Leute um politische Ämter bewerben, wenn sie wissen: Abwesenheit verspricht Erfolg.