Kolumnen

donaukurier

Möglichst unmöglich

Kolumne im Donaukurier, in der Mittelbayerischen Zeitung und der Passauer Neuen Presse vom 1.11.2024

Das Unmögliche ist möglich – diese Lehre hat Olaf Scholz sofort aus den US-Wahlen gezogen. So sehr große Teile der westlichen Medien einen Wahlsieg von Kamala Harris herbeischreiben wollten, so groß ist jetzt deren Verblüffung über den doch relativ glatten Sieg von Donald Trump. Da Scholz prozentual gesehen im Wahlvolk deutlich unbeliebter ist als Trump, ist er quasi auch noch unmöglicher als Trump. Weshalb nach der Scholzschen Logik ein Wahlsieg für ihn noch möglicher ist als für Trump. Und da Trump nachweislich gewonnen hat, wäre nach dieser Theorie eine Wiederwahl von Scholz eine „gmahde Wiesn“, wie es so schön auf gut Bayerisch heißt. Daher kann sich Deutschland letzten Endes auch bei Donald Trump für die anstehenden Neuwahlen hierzulande bedanken. Faktisch ist es ja eh egal, ob Deutschland eine Regierung hat, die das Regieren verweigert, oder ob es gar keine Regierung gibt. So anders kann es somit in den nächsten Wochen gar nicht werden.
Das Sprengen der Koalition ist natürlich nur der erste Schritt für den Bundeskanzler. Jetzt geht es darum, sich weitere Dinge von Trump abzuschauen, damit die vorgezogene Bundestagswahl zu einem Triumph für Scholz wird. Da ist zunächst mal die ästhetische Komponente: Ein Toupet muss her! Donald Trump hat oft genug bewiesen, wie gut sich im Wahlkampf ein Erscheinungsbild wie aus einem Comic-Heft anno 1980 macht. Äußerst hilfreich sind auch eigenwillige und humoreske Thesen über Wirtschaft. Da könnte sich Scholz aber auch bei seiner Parteichefin Saskia Esken bedienen. Deren Verständnis von wirtschaftlichen Zusammenhängen und innerer Sicherheit hat einen ähnlichen Unterhaltungswert wie Trumps Einlassungen. Und gerade weil Politik immer mehr zur Show mutiert, ist ein Ranschmeißen an die sogenannten kleinen Leute ein Muss. Trump hat im Wahlkampf den Müllmann gegeben und sich bei einer weltbekannten Fastfoodkette an die Fritteuse gestellt. Diese Bilder sind um die Welt gegangen und ein Bekenntnis zur hart arbeitenden Mittel- und Unterschicht. So was würde richtig viele Neuwähler an die Urnen treiben beziehungsweise einem Scholz in die Arme. Damit würde sich der Kanzler auch von der SPD glaubwürdig distanzieren – wissend, dass das einfache Volk sehr allergisch auf die Sozis reagiert. Kurzum: Scholz muss sich möglichst unmöglich aufführen – dann ist alles möglich.