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Milchmädchenrechnung mit Olivenöl

Kolumne im Donaukurier, in der Mittelbayerischen Zeitung und der Passauer Neuen Presse vom 18.10.2024

In Zeiten, in denen es drunter und drüber geht, sehnen sich die Menschen nach ein bisschen Kontinuität und Berechenbarkeit. Und laut dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der UEFA fügen sich in Deutschland die Dinge zu einem in sich stimmigen Gesamtbild. Am Wochenanfang hat der IWF die Welt wissen lassen, dass Deutschlands Wirtschaft einen stabilen Abwärtstrend hinbekommt und auch innerhalb der EU ein verlässlicher Problemfall bleiben wird. Direkt im Anschluss daran hat sich die UEFA dieser Einschätzung angeschlossen. Denn in der Champions League haben die Vorzeige-Klubs Bayern München und Borussia Dortmund ordentlich eins aufs Dach bekommen. In der Tabelle rangiert der FC Bayern jetzt auf Platz 23. Einen Rang hinter Dinamo Zagreb.
Außerhalb der Landesgrenzen spielt Deutschland also keine Rolle mehr. Das ist schon mal eine gute Nachricht, weil man sich dadurch mehr auf sich selber konzentrieren kann. Es ist ja auch nicht schön, wenn einem sonst dauernd die Grenzen aufgezeigt werden. So kann sich jetzt nicht nur die Bundesregierung entspannt zurücklehnen, sondern auch das Volk. In Deutschland wird ja schon seit geraumer Zeit eine Abkehr von Leistung und Wettbewerb propagiert. Und jetzt kommen endlich die passenden Ergebnisse.
Dass jetzt auch noch die Inflation unterhalb der Zwei-Prozent-Marke gelandet ist, macht die Gesamtlage gleich noch entspannter. Nur ist das halt mit Durchschnittszahlen so eine Sache. Beim Olivenöl liegt die Inflation zum Beispiel seit Anfang 2022 bei über 100 Prozent. Und beim Weißbrot über 30 Prozent. Während die Preise für Mieten nur gute fünf Prozent zugelegt haben und die Spritpreise sogar einen Tick niedriger sind als vor knapp drei Jahren. Im Bundestagswahlkampf sollte sich Wirtschaftsminister Habeck diese Entwicklung unbedingt zunutze machen. Zum einen kann Habeck darauf hinweisen, dass die Bundesregierung durch die jüngst beschlossenen höheren Abgaben für die Krankenkasse den Leuten weniger Geld lässt. Und wer dadurch weniger kaufen kann, ist logischerweise auch nicht so sehr von der Inflation getroffen. Alle anderen können die Inflation elegant austricksen: Einfach weniger essen (Öl und Brot teuer) und dafür mehr wohnen und mit dem Auto spazieren fahren (Miete erträglich, Sprit billiger). Manchmal helfen Milchmädchenrechnungen eben weiter. Und Olivenölrechnungen nicht.